Bücher über Hip-Hop gibt es viele; unterhaltsam-informative wie Neil Kulkarnis „Tribute: Die Story der großen Sprechgesänge“ (Rockbuch) oder das Standardwerk „All Music Guide to Hip-Hop“ (Backbeat Books). Porsche wollte offensichtlich nicht länger zurückstehen. Und nicht akzeptieren, dass die Beamers & Benzos in der Beliebtheitsskala der Genre-Videos ganz oben stehen – und ließ den Journalisten Niko Hüls Echokammern des europäischen Hip-Hops abklappern. Der Sound Europas als kultivierte weiterentwickelte Antwort auf das, was geschlüpft war im New York der frühen Achtziger in puncto Rap, DJ-Kultur, Graffiti und Breakdance. Was lag da näher als ein „Rot-Trip“ im (roten) Cayenne…als Teil der Content-Reihe „Back to Tape“.
Roadtrip im roten Cayenne
Herausgekommen ist der 212-Seiten-Reisebericht einer Tour, die westeuropäische Großstädte abgeklappert hat und mit den jeweiligen Lokal- bzw. Regionalgrößen als kundige Stadtführer aufwartet. In dem als Christophorus Edition im Delius Klasing Verlag erschienenen Paperback wird die Entwicklung der Hip-Hop-Kultur anhand von 17 Künstlerinnen und Künstlern aus Deutschland, den Niederlanden, Großbritannien, Frankreich, Spanien und Dänemark nachgezeichnet, die allesamt lange Jahre in der Szene aktiv sind bzw. waren. Porträtiert werden z. B. Kool Savas (Berlin), Lord Esperanza (Paris), Edson Sabajo (Amsterdam), Falsalarma (Barcelona) und Lars Pedersen (Kopenhagen). Dies ist lückenhaft – keine Frage. So fehlt auf der Deutschlandkarte mit Frankfurt eines der wichtigsten Epizentren (Anmerkung: Diese Lücke lässt sich schließen durch die herausragende hr-Dokumentation „Dichtung und Wahrheit: Wie Hip-Hop nach Deutschland kam“, in der ARD-Mediathek). Osteuropäische Metropolen finden leider gar nicht statt; vielleicht sollte die nächste Porscheausfahrt nach Prag, Budapest oder Sofia führen. Aber welcher Reise- bzw. Kulturführer kann schon den Anspruch der Vollständigkeit erfüllen…
Kulturreiseführer fürs Handgepäck in Flugzeug und Fernbus
Dafür kommen auch Szenemitarbeiter zu Wort, die eher im Hintergrund arbeiten, wie der Künstlermanager Michael Rosemann. Fun fact: Die von ihm betreuten Flying Steps aus Berlin sollen angeblich die bekannteste Breakdance-Crew der Welt sein – nun, diese Ehre gebührt natürlich der Rock Steady Crew aus der Bronx; also dort, wo Hip-Hop auch begann. Dennoch ist dieser Kulturführer überaus informativ und lässt sich kurzweilig lesen – vor allem wenn es tripmäßig demnächst in eine der beschriebenen Städte gehen sollte, gehört er ins Handgepäck für Flugzeug oder Fernbus. Alle Einnahmen aus dem Buchprojekt gehen an Viva Con Agua: Der Verein hat sich das Ziel gesetzt, Menschen Zugang zu sauberem Wasser zu verschaffen. Übrigens, das zugehörige Label Viva con Agua Music hatte Anfang dieses Jahres den Song „Alliance Antiraciste feat. Roger Rekless“ veröffentlicht.
„Hip Hop Kultur“ Ein Roadtrip durch Europa ist in 1. Auflage 2021 im Delius Klasing Verlag Bielefeld erschienen. Die insgesamt 212 Seiten enthalten 135 Fotos. Das Buch kostet in Deutschland 24,90 Euro, in Österreich 25,60 Euro.
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