Nach zwölf hochwertigen Kopplungen für das Qualitätslabel Trikont veröffentlicht Jonathan Fischer Teil Eins von weiteren Forschungsergebnissen aus den Archiven der schwarzen Musik. Diesmal widmet er sich den Urahnen des Rap und zeigt an 21 Probanden auf, dass es Sprechgesang lange vor „King Tim III (Personality Jock)“ von Fatback gab. Talking Blues von Lightnin’ Slim, Funk von John Kasandra, Reggae-Toasting von U-Roy, Rock ‚n’ Roll von Chuck Berry und Doo Wop-ifizierter R&B von The Cadets – es wird nicht gesungen sondern gerappt. Den kürzesten Bogen schlagen The Last Poets mit „E Pluribus Unum“; einem Track, der maßgeblichen Einfluss auf radikale Hip Hopper wie Public Enemy hatte. Gil Scot-Heron, der unbedingt zu den „Early Rappers“ gezählt werden muss, fehlt leider.
In der anspruchsvollen Tradition steht auch das Begleitheft, das fundiert recherchierte Informationen zu Künstlern sowie zur Geschichte des Sprechgesangs bereithält. In der Heftmitte ist übrigens die berühmte Station der U-Bahnlinie 1 in West Harlem zu sehen. Dort, wo sich die 125. Straße und der Broadway kreuzen: auf der einen Straßenseite dehnt sich das beständig teurer werdende Wohnumfeld der Columbia University immer mehr aus, auf der anderen Seite stehen riesige Project-Blocks, in denen heute aber keine Rapper mehr hausen, sondern vermehrt Spanisch gesprochen wird. Der kleine Exkurs kommt an dieser Stelle, weil einige Harlem Shuffle-Kolumnen dieses Frühjahr von mir in diesem Biotop geschrieben wurden.
Gil Scot-Heron hat lange in Harlem gewohnt. Bereits Ende der 1970er Jahre konstatierte der Poet, Rap sei nichts Neues. Und weil es diese Ausdrucksweise schon lange vor der Sugarhill Gang gab, wird sie auch trotz der nicht zu leugnenden Krise im zeitgenössischen Hip Hop eine Zukunft haben. Gil Scot-Heron, der leider nicht mehr bei uns ist, wird sicher unter den Protagonisten sein, wenn Fischer weitere „Early Rappers“ in Erinnerung ruft.
mehr Information: www.jonathan-fischer.de, www.trikont.de, www.indigo.de
Künstler: Various Artists | Album: Early Rappers (Hipper than hop – The Ancestors of Rap) | Label: Trikont / Indigo | VÖ: 19. August 2011
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