Der Aufschrei kommt nach 15 vielversprechenden Sekunden des Openers, als THL den Autotune-Effekt anwerfen. Will das 80er-Bindeglied zwischen Kraftwerk und heutiger elektronischer Popmusik sich Ke$ha, Pink und Gedöns anbiedern? Wer die Band nicht (wirklich) kennt: das Projekt von Philip Oakey kann aus heutiger Sicht keinesfalls auf „Don’t You Want Me“ reduziert werden.
Deshalb darf aufgeatmet werden nach dem Öffner, dessen autogetunte Vocals blanke Ironie sind und vermutlich die britisch-höfliche Reaktion auf Unsägliches wie das „The Time Of My Life“-Cover der Black Eyed Peas ausdrücken. Von Track # 2 an (die erste Single „Night People“) bis zum Ende nach elf Songs bleiben sich THL eine Dekade nach ihrem bemerkenswerten Album „Secrets“ treu: große Melodiebögen, verziert mit Oakeys Stimme, werden über einen forsch voranschreitenden Unterbau aus Synthesizern geschlagen – heute würde man Begriffe wie Electro oder Dancefloor für die Beschreibung bemühen. Meint nichts anderes als Synthie-Pop. Jedes Stück ist tanzbar, jedes eine Single und beinahe jedes THL at their best.
Mit „Single Minded“ hat die Band aus Sheffield sogar ein zweites „Don’t You Want Me“ geschrieben. Oakey und seinen Frauen droht jedoch die Gefahr, dass sie von der Fachkritik (wieder) geliebt, vom Volk aber als Relikt aus vergangenen Zeiten ignoriert und abgelehnt werden. ABC, Heaven 17 und (erst im vorigen Jahr) OMD ereilte mit ihren Spätwerken ein ähnliches Schicksal. Nur die Pet Shop Boys haben irgendwie geschafft, was eigentlich THL zugestanden hätte.
Es wäre fast schon tragisch, wenn „Credo“ nicht eine gebührende Beachtung findet. Unlogisch wäre es in diesen Zeiten und Breiten nicht – leider.
Künstler: The Human League | Album: Credo | Label: Wall of Sound (rough trade) | VÖ: 11. März 2011
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