Die von der Kritik im Allgemeinen und von uns im Besonderen hochgeschätzte Soulsensation des vergangenen Jahres ist auf kurzer Deutschlandtour. Die coole Konzertlocation Mousonturm in Frankfurt wird voll; das wurde bereits bei der quälenden Parkplatzsuche im Szenebezirk nahe der Berger Straße klar. Die Frankfurter stellten sich geordnet in Zweierreihe auf, Drängelei und Traube vor der Tür wie in anderen Städten ist selbst im Szene-Biotop der Finanzmathematiker selten. Es wurde richtig voll, warm und schweißtreibend, als sich der Vorhang am Dienstag kurz vor zehn Uhr abends hob. 13 Mitwirkende teilten sich die Bühne, die entsprechend klein wurde.
Wenn „Tommy“ eine Rockoper war, dann ist „Janelle“ eine Souloper. Kostümierung (z. B. eine langnasige Maske aus dem Video zu „Interstate Love Song“ der Stone Temple Pilots), Tanz und Show standen gleichberechtigt neben der doch recht anspruchsvollen Musik. Die Sängerin, die wie eine androgyne Mischung aus Grace Jones und einem kleinen Mädchen im Sonntagsstaat für den Gospelchor wirkt, dirigierte, wanderte, tanzte und sang selbstvergessen große Teile des Albums „The ArchAndroid“ herunter. Mit einigen Überraschungen: die Monáe streute ein paar Songs ein, die jeder kannte, z. B. aus dem Jackson-Fundus.
Mit einer eigenwilligen Interpretation von „My Cherie Amour“ knickste sie vor Stevie Wonder. Und sogar die Energie des Punks machte sie sich zunutze, als sie den 1996er Girlie-Hit „Just A Girl“ von No Doubt für sich reklamierte. In Erinnerung bleibt auch ein gigantischer Wolkenbruch aus Konfetti, der dicke Tropfen aus Glitzerpapier auf die gestreiften Stehkragenhemden der Bankmänner abregnen ließ. Vor allem aber bleibt das Bild vom Bild im Kopf: die Monáe kann offenbar malen wie (Claude) Monet!
Während eines Songs drehte sie ihrem Publikum minutenlang den Rücken zu, um Impressionen aus Ölfarbe zu tupfen und zu streichen, die sich in einem Frauenkörper auflösten, der mit „Love“ unterzeichnet war. Solche Einlagen ließen den Klang des Abends in den Hintergrund rücken, den die Tontechniker mehr schlecht als recht einstellten.
Fazit: Janelle Monáe präsentierte ihre Musik in einer Inszenierung, die opernhaustauglich war. Mit einer Stunde und 15 Minuten kurz, aber eben intensiv. Wir sind gespannt, wie die Regie am kommenden Sonntag beim Musikfestival „Splash!“ in Ferropolis agiert: Dann steht Monáes Künstlertruppe auf den Brettern vor tausenden Hip Hop-Heads, die auf die Showabfolge von Lupe Fiasco, OutKast’s Big Boi und Cypress Hill warten.
Aber Janelle Monáe ist zuzutrauen, dass sie selbst beinharte Rapanhänger in die Knie zwingt. Im Frankfurter Mousonturm schaffte sie es locker, dass sich ihr komplettes Publikum einfach für eine halbe Minute in die Hocke begab. Ein guter Grund (mehr), zum „Splash!“ zu fahren.
Ich glaube, ich war bei einem anderen Konzert oder zumindest mit einem anderen Publikum – habe zumindest nur einen einzigen Menschen im Jacket ausmachen können. Ein Bankerpuplikum war das jedenfalls nicht. Und was die Parkplatzsuche betrifft: einfach öffentliche Verkehrsmittel nutzen, dann hat man weniger Stress.