Für wahre Künstler ist es nie zu spät für ein Comeback. Mit „Back To Now“ erscheint mehr als 32 Jahre nach ihrem letzten Release das erste neue Studioalbum von Labelle. Zwischen den beiden Veröffentlichungen liegen mehr Jahre als die meisten Künstler aus den aktuellen Black Music Charts Kerzen auf ihrer letzten Geburtstagstorte hatten.
Das Wort Comeback wird in unserer schnelllebigen Zeit viel zu oft in sinnloser Weise gebraucht, etwa wenn sich ein Künstler ein klein wenig mehr Zeit zwischen zwei Alben gelassen oder eine kleine Auszeit genommen hat. Obwohl Labelle in der ganzen Zeit nicht ganz weg waren, nicht nur was Soloprojekte anbelangt, sondern ebenso hinsichtlich gemeinsamer Live-Auftritte, kann erst mit ihrem neuen Longplayer „Back To Now“ von einem Comeback die Rede sein.
Die CD klingt so „echt“, so sehr nach Labelle, dass ich mich mehrmals vergewissert habe, ob es sich tatsächlich um ein Album mit neuen Songs und nicht um eine Zusammenstellung mit alten, unbekannten oder bislang nicht veröffentlichten Aufnahmen aus den Archiven der Plattenfirmen handelt. Gerade unser rap2soul-Album des Monats aus dem Februar, der „Notorious“-Soundtrack von The Notorious B.I.G., belegt doch, wie was in dieser Hinsicht möglich ist.
Nun, alle Songs auf „Back To Now“ sind nicht neu, die Coverversion des Cole Porter Songs „Miss Otis Regrets“, der 1934 geschrieben und seitdem von zahlreichen Künstlern, darunter Nat King Cole, Bette Midler, Linda Ronstadt, Nancy Wilson und Ella Fitzgerald, gesungen wurde, stammt noch aus den 70er Jahren und wurde bisher nur nicht veröffentlicht. An der Qualität kann es nicht gelegen haben.
Also alles nur Sonnenschein, keine Wolken am Comeback-Himmel? Fast! Von den zehn Tracks auf dem neuen Labelle-Album „Back To Now“ sind neun gut gelungen und einer richtig schlecht. Die erste Single „Roll Out“, die Wyclef Jean produziert hat und auf der er mitsingt, wird spätestens durch den derzeit so angesagten Auto-Tune-Effekt zur Stimmverzerrung zum mit Abstand schlechtesten Track des ganzen Albums. Schlimm genug, dass Kanye West „808s & Heartbreaks“ damit ruiniert hat, doch sein Talent liegt beim Rappen, bestimmt nicht beim Singen.
Patti LaBelle, Nona Hendryx und Sarah Dash dagegen sind echte Gesangsprofis, denen man damit absolut keinen Gefallen tut. Sie haben nach wie vor so enorme Kraft in ihren Stimmen, dass sie derlei Tricks nicht im mindesten bedürfen. Anstatt bei Labelle die Qualität zu verwässern sollte sich Wyclef Jean lieber um eine Wiedervereinigung der Fugees bemühen.
Abgesehen von „Roll Out“ ist Labelle ein phantastisches Comeback-Album gelungen, das allen talentierten Künstlern Mut machen sollte, es mit einem Comeback zu probieren, auch wenn die Gruppe mit dem von Kenny Gamble & Leon Huff, Wyclef Jean und Lenny Kravitz produzierten Longplayer in Amerika nur bis Platz 45 in den allgemeinen und bis Platz 9 in den Black Music Album Charts kam.
Besonders gelungen an „Back To Now“: Die Ladies bleiben ihrem Stil treu, ohne ihren alten Sound einfach nur zu kopieren. Wer Labelle früher schon mochte, wird den neuen Longplayer mit Freude hören können, ohne das Gefühl zu haben, „Back To Now“ sei aus einer Zeitkapsel gefallen, die vor über 30 Jahren vergraben wurde.
Künstler: Labelle | Album: Back To Now | Label: Verve / Universal | VÖ: 13. Februar 2009
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