Ne-Yo, bürgerlich Shaffer C. Smith, ist bekanntermaßen ein Mann von Welt und folglich alles andere als nachlässig: Spätestens seit der 25-jährige Grammy-Gewinner mit „In My Own Words“, seinem Debütalbum, die internationalen Charts angeführt und diverse Platinauszeichnungen bekommen hat, stört es ihn regelrecht, wie stillos und salopp seine R&B-Kollegen doch zum Teil bei der Sache sind: „Früher kam man nirgendwo rein, wenn man nicht korrekt aussah und den richtigen Anzug trug. Selbst die Bügelfalte war ausschlaggebend. Auf eine Bühne wäre man so schon gar nicht gekommen.“ Statt sich also einfach nur gehen zu lassen, ist Ne-Yo stets darum bemüht, Klasse zu bewahren – und klassischen R&B neu zu definieren.
So stellt der in Las Vegas geborene Sänger und Songwriter mit „Year Of The Gentleman“, seinem dritten Album, endgültig klar, was Klasse für ihn bedeutet. Während die neue LP zu weiten Teilen auf Tour entstanden ist – in Europa und der ganzen Welt –, ist sie laut seiner Aussage auch sehr stark vom „Rat Pack“ beeinflusst: „Derjenige Style, den Sammy und Sinatra an den Tag gelegt haben, das ist es, was ich mit meinem Auftreten und meiner Musik im Sinn habe. Den Titel `Year of the Gentleman´ habe ich ihnen zu Ehren gewählt.“
Dass dieser gediegene Style unfassbar gut ankommt, beweist Ne-Yo schon seit Jahren: Nicht ohne Grund wurde „Because Of You“, das Vorgängeralbum aus dem Mai 2007, in diesem Jahr mit einem Grammy in der Kategorie „Best Contemporary R&B Album“ ausgezeichnet. Darüber hinaus war Ne-Yo in vier weiteren Kategorien nominiert: gleich doppelt für Rihannas „Hate That I Love You“, an dem er als Co-Autor mitgewirkt hat, sowie für Beyoncés „Irreplaceable“ (in der Kategorie „Record of the Year“), ebenfalls aus seiner Feder, und seinen eigenen Hit „Because Of You“. Schon im September hatte er bei den 13. britischen MOBO-Awards abgeräumt, als er zwei Auszeichnungen für „Best Song“ (für „Because Of You“) und „Best R&B Act“ in Empfang nehmen konnte. Sowohl „Because Of You“ und „In My Own Words“, sein für einen weiteren Grammy nominiertes Debütalbum aus dem Jahr 2006, waren in den USA schon in der ersten Verkaufswoche an die Spitze der Billboard-Charts gegangen. „In My Own Words“ hatte ihm zudem nicht nur zahlreiche Auszeichnungen beschert, sondern mit „So Sick“, „When You’re Mad“ und „Sexy Love“ gleich drei Hit-Singles hervorgebracht.
Wie eigentlich nur Musikern, die schon etwas länger im Geschäft sind, gelingt es auch Ne-Yo, mit seinen Songs gleichermaßen Alt und Jung zu erreichen. „Für mich als Songwriter und Sänger ist es besonders wichtig, dass meine Songs viele Menschen ansprechen, dass sie etwas Universelles haben und die Menschen ihr Leben darin wiedererkennen können. Anders ausgedrückt: Ich versuche ganz bewusst nicht, mich in einer Schublade zu verstecken, auf der das Wort Urban steht. In den letzten Jahren bin ich in der ganzen Welt unterwegs gewesen, ich habe viel gesehen, und all das will ich auch in meinem Sound zum Ausdruck bringen. Lassen wir also mal Genrebegriffe wie Urban oder Pop beiseite und sagen, `Year of the Gentleman´ ist einfach nur ein Album von Welt.“
Einige der neuen Songs sind in England entstanden, wo Ne-Yo im Courthouse Hotel, seinem Lieblingshotel, gemütlich (und stilvoll) an der Bar saß und sich neue Ideen durch den Kopf gehen ließ. „Echt lustig eigentlich, dass dieses Hotel früher tatsächlich ein Gerichtsgebäude war“, berichtet er. „Dazu gab es in dem Haus sogar ein kleines Gefängnis, in dem angeblich schon David Bowie und Mick Jagger festgehalten wurden.“
Mit „Closer“, der ersten Singleauskopplung, stellt Ne-Yo eindrucksvoll unter Beweis, dass ein Song zugleich vornehm-elegant und verdammt funky klingen kann: Der von Stargate produzierte Track ist eine astreine Electro-Nummer mit Glam-Faktor in der Tradition von Euro-Disco. „Ich liebe diesen Beat einfach“, setzte Ne-Yo an. „Als ich in London durch die Clubs zog, fiel mir auf, dass alles, was dort gespielt wird, wahnsinnig energiegeladen ist. Diese Energie wollte ich rausfiltern und sie mit US-amerikanischen Soul-Einflüssen kombinieren. Nun ja, und `Closer´ ist das Ergebnis dieser Mischung.“
Dagegen kehrt Ne-Yo mit „So You Can Cry“, einem der ersten Songs, die er für das neue Album aufgenommen hat, in die späten Sechziger zurück. Was mit einem Gitarren-Part anfängt, der fast schon an einen leichten Nieselregen erinnert, entwickelt sich zu einem absolut ergreifenden Stück, das vom Trennungsschmerz einer Freundin handelt. „Dieser Song basiert auf einer wahren Begebenheit“, erklärt er. „Eine gute Freundin von mir hatte sich gerade von ihrem Freund getrennt. Ich sagte ihr, dass sie ihren Schmerz ruhig zulassen soll. `Gib deinem Kummer ruhig ein wenig Raum, ich kümmere mich darum, dass die Sonne verdeckt ist, damit du in aller Ruhe weinen kannst.´“ Das genaue Gegenteil macht er dann mit „Stop This World“, schon jetzt einer der atemberaubendsten Lovesongs des Jahrzehnts, in dem Ne-Yo Einflüsse von Lennon und McCartney gleichermaßen verarbeitet wie seinen Hang zu Marvin Gaye und Michael Jackson. Wenn er dann eine Zeile wie „She’s got heaven in her eyes“ singt, wird deutlich, mit welcher Leidenschaft der Songwriter bei der Sache ist.
„Ich weiß auch nicht so genau, mir kommen einfach ganz unterschiedliche Dinge in den Kopf, wenn ich an neuen Songs schreibe“, erklärt Ne-Yo. „Manchmal ist es ein Bild in einer Zeitschrift, ein Gemälde in einem Museum oder auch nur ein Wort in einem Dokument, das mich irgendwie fasziniert. Normalerweise genügt das schon, um loszulegen und den kreativen Schalter umzulegen.“
An Inspirationsquellen scheint es ihm tatsächlich nicht gemangelt zu haben, schließlich hat Ne-Yo in den letzten Monaten neben der Arbeit am kommenden Album auch für etliche andere Stars Songs und Songtexte geschrieben: u.a. für Rihanna, Janet Jackson, Mary J. Blige und Celine Dion. Zuletzt hatte er für Beyoncé den Song „Irreplaceable“ komponiert, der nicht nur geradewegs an die Spitze der US-Charts ging, sondern auch für einen Grammy nominiert wurde.
Doch auch abgesehen von all den neuen Songs, die er für „Year Of The Gentleman“ bzw. für andere Künstler und Künstlerinnen geschrieben hat, war das vergangene Jahr überaus erfolg- und ereignisreich für Ne-Yo: Er veröffentlichte mit „Because of You“ ein preisgekröntes Album, war konstant auf Tour und trat wiederholt im Fernsehen auf, u.a. bei „Christmas In Washington“, wo er zwar vor George W. Bush auf der Bühne stand, das Meet & Greet mit dem derzeitigen Präsidenten aber dann doch dankend ablehnte.
Indem Ne-Yo einfach nur die Musik macht, die ihm in den Sinn kommt, hängt er die nachlässige Konkurrenz locker und lässig ab und läutet mit „Year Of The Gentleman“ eine neue Ära ein, für die man den Begriff „World Music“ dringend neu definieren muss. Ne-Yo’s „World Music“ ist nämlich zeitgenössischer R&B von Welt, ohne Grenzen oder Scheuklappen.
Zur Veröffentlichung von „Year Of The Gentleman“ tritt Ne-Yo in Kürze eine ausgiebige Tour im Vorprogramm von Alicia Keys an, in deren Rahmen er acht Wochen lang durch die Staaten reisen wird, um am 18. Juni im New Yorker Madison Square Garden das Abschlusskonzert zu zelebrieren. Man kann sich schon jetzt sicher sein, dass er auch diese Tour wie ein echter Gentleman absolvieren wird…
Quelle: Universal Music
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