Ein Egozentriker vom Herren ist Mr. West. Ach Quatsch, er selbst ist der Herr. Denn er ist Gott. So singt er es auf „I Am A God“. Bis auf das kleinste Detail ist die CD „Yeezus“ durch-inszeniert. Der exzentrische rote Streifen auf der blanken CD, der selbstgeällige Albumtitel. Yeezus hat nicht nur etliche Zutaten, aber auch verdammt viele Köche. Neben West, waren die beiden Franzosen von Daft Punk, Lupe Fiasco, Rockproduzent Rick Rubin, Travis Scott und ein paar Dutzend weitere an dem Album tätig. Und ja die vielen Gastronomen haben den Brei ordentlich verdorben. Zwar vereint das Album die besten Komponisten, beeinhaltet streckenweise sehr gute Texte und ist perfekt produziert; am Ende resultiert dieses Konglomerat oft aber einfach nur in Lärm. Das ist wie wenn jemand, der versucht die schönsten Farben alle zu mischen. Am Ende erhält man eine Farbe die dem Dreck der Kanalisation gleicht. „Yeezus“ ist nun kein Dreck per se. Und zugegeben, wenn Picasso ein Bild malte, das die Farbe von Exkrementen hat, so würde man es auch für Kunst befinden. Genauso wenig wie das Album scheiße ist, ist Kanye West jedoch ein Picasso. „Yeezus“ ist Edel-Dreck: Für Liebhaber von prätentioser Pseudo-Progressivmusik perfekt.
Auf dem Track „Black Skinhead“ entlässt er seine harten Reime über einen aggressiven Beat versehen mit plötzlich auftauchendem Geschrei und einem extrem dumpfen immer wieder kehrenden Bass. Mindestens genauso viel Bass mit Unruhe stiftenden synthetischen Hintergrundsounds erwarten einen auf „I Am A God“, mitten drin der Satz „Beeil dich mit meinen verdammten Croissants!“, gefolgt von einer paraphrasierten Wiedergabe der Unterhaltung von Yeezus mit Jesus. Am amüsantesten der wohl unauthentischste Angstschrei der Hip-Hop-Geschichte am Ende des Tracks. Jemand hält es wohl nicht mehr aus Kanyes Geräuschen zu lauschen. Was man dem aber Album lassen muss, obwohl es einerseits tatsächlich einen kohäsiven roten Faden gibt, ist so gut weder jeder Track als Highlight (unabhängig ob positiv oder negativ) zu erwähnen. Langweilig wird einem keineswegs und jeder Song lädt einen ein auf eine Entdeckungsreise ein. Ob diese nun eine angenehme ist, das ist Geschmackssache. Wohlfühlmusik ist das nicht. Generell keine Musik zum fühlen, eher Musik um sie zu bewundern. Kanye West re-interpretiert also Jesus. Aus einem einfühlsamen Hirten und Helfer wird eine zu verehrende Götzfigur.
3/5 Bewertungseinheiten.
Übrigens: Die versteckten Gastauftritte von u.a. Charlie Wilson, Frank Ocean und Reggae-Star Assasin sind äußerst erfreuliche Überraschungen.
Künstler: Kanye West | Album: Yeezus | Label: Universal Music | VÖ: 18. Juni 2013
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