Noch zum Jahresende kommt mit „Blutzbrüdaz“ endlich der lange angekündigte Film mit Rapper Sido in die Kinos. Es ist die Geschichte von Otis und Eddy. Zwei Berliner Jungs, gespielt von Sido und seinem Freund B-Tight, die in Berlin im Jahr 2000 von der ganz großen Rap-Karriere träumen. Sie produzieren Tapes und bekommen die Chance, einen Vertrag bei einem Major-Label zu unterzeichnen. Aber der Erfolg zerstört die Freundschaft.
Es ist nicht die Biografie von Sido, es sind zwei Jungs, wie es sie viele gab, damals in Berlin. Parallelen zum Film „Zeiten ändern dich“ mit Bushido? Der gleiche Verleih, Constantin Film, ansonsten? Die Musik: Hip Hop. Sido und B-Tight haben Bushidos Film erst nach den Dreharbeiten gesehen. Im Berliner Hilton durfte das Black Music Portal rap2soul die beiden Hauptdarsteller treffen, zum Interview im Rudel.
Frage: Euer Film „Blutzbrüdaz“ spielt im Hip Hop-Milieu. Was ist die Idee hinter dem Film?
Sido: Wir wollten einen Musikfilm machen, der Hip Hop in ein sympathischeres Licht führt, als er momentan ist. Ich finde das Bild von Hip Hop in der Allgemeinheit unsympathisch und das soll der Film ändern. In erster Linie haben wir einen Musikfilm gemacht. Dass er so selbstironisch geworden ist und lustig ist, ergibt sich daraus, dass wir einfach solche Typen sind. Das ist da sehr mit eingeflossen. Wir sind ganz ähnlich wie Otis und Eddy, sind unter ähnlichen Umständen aufgewachsen. Wir kommen auch aus dem Nichts und konnten so mit den schwersten Dramen mit einem Augenzwinkern umgehen. Genau das ist auch, was den Film dann so lustig macht. Trotzdem ist unser Anspruch, dass der Film ein Musikfilm ist.
B-Tight: Wenn man sich die Szene anschaut, dann macht es wenig Spaß zurzeit, es ist alles sehr ernst. Selbst mir als Hip Hopper macht es keinen Spaß mehr, die Szene zu verfolgen. Die Ironie ist weg. Es gibt kein Augenzwinkern mehr. Die Rhyme-Schemen werden nur in den seltensten Fällen richtig gut. Sehr platt alles. Das ist schade. Das ist wie eine Blume, die gerade verwelkt ist. Es gibt natürlich Ausnahmen, wie etwa ein Savas, der gerade chartet. Aber die Untergrundszene, die Rap-Szene an sich, ist sehr abgeflacht, sehr langweilig geworden.
Sido: Unsympathisch
Frage: „Unsympathisch“, liegt das vielleicht daran, dass die Rap-Musik so aggressiv ist?
Sido: Es kommt immer darauf an, wo diese Aggression herrührt. Wenn sie authentisch ist, wenn ich glaube zu verstehen, warum er es tut und wenn ich weiß, warum das ein aggressives Lied ist, dann finde ich es gut. Wenn es einfach plump aggressiv ist und es nur aggressiv ist, weil man glaubt aggressive Musik kommt gut an, dann gefällt es mir nicht. Dann ist es unsympathisch. Aggressive Musik kann aber auch sehr sympathisch sein, wenn es aus einer bestimmten Intention entsteht. Ich finde Musik grundsätzlich sympathisch, wenn sie echt und authentisch ist.
Frage: Ist das nun die Biografie von Sido im Film?
Sido: Wenn man meine Alben von Anfang an durchhört, dann weiß man alles über mein Leben. Wie ich zu meinem Sohn stehe, wie ich zu meiner Mutter stehe. Meine Musik ist meine Biografie, da brauche ich nicht noch ein Film darüber drehen.
Frage: Der Film spielt in der Vergangenheit, da kommen Platten und Kassetten vor. Vermisst Ihr diese Dinge?
B-Tight: Nö, nicht wirklich. Die Musik gibt es ja trotzdem.
Sido: Ich finde es komplett gut, wie es sich entwickelt hat. Natürlich finde ich es nicht gut, dass es so leicht ist, an Musik zu kommen, ohne sie zu bezahlen. Da muss man den Schwarzen Peter den Plattenfirmen geben, die sich nicht früh genug darum gekümmert haben. Jetzt ist es zu spät. Aber der Film spielt deswegen um die Zeit, weil Hip Hop damals noch eine gewisse Ideologie hatte, da ging es noch um die Sache, dann ging es um Ruhm. Da ging es noch um dieses Hip Hop Ding und heute geht es nur noch darum, dass man genauso viel Geld hat wie Sido.
B-Tight: Die Kultur war damals noch eine ganz andere. Das gab es noch eine Hip Hop-Kultur.
Frage: Im Film geht es um Freundschaft, im wahren Leben seid ihr auch Freunde. Ist das Zufall?
Sido: Der Film ist komplett fiktiv. Der hat Anekdoten aus unserem Leben, trotzdem geht es da nicht um uns. Aber was den Film so authentisch macht, was ihn zu Hip Hop macht, ist einfach auch unsere Geschichte um 2000. Es ist nicht nur unsere Geschichte. Es gab noch mehr Leute in Berlin, die Tapes gemacht haben, sie verkauft haben wie wir. Es geht um die Berliner Hip Hop Szene zu der Zeit und da waren wir nicht die einzigen.
Frage: Warum spielt der Film in Berlin?
B-Tight: Es war sehr wichtig, dass der Film in Berlin spielt, es geht um die Berliner Hip Hop-Szene.
Sido: Um 2000 hat sie diesen Hype bekommen, den wir da beschreiben. Wo dann auch mal eine große Plattenfirma drauf aufmerksam wird.
Frage: Was war zuerst da – die Idee, einen Film über Hip Hop zu drehen oder diesen Film mit Sido zu drehen?
Sido: Die Idee, diesen Film zu drehen. Oliver Berben kam auf mich zu und wollte das unbedingt machen. Dann war eine meiner Auflagen an den Film, dass meine Freunde, also nicht nur B-Tight, sondern auch Alpa Gun, Tony D und so Leute mitspielen und das andere Leute zumindest mal für ein Casting in Frage kommen. Ich wusste, dass es dem Film zu Gute kommt, wenn diese beiden Freunde von uns beiden gespielt werden. Das wusste ich, dass es locker, echt und fresh würde.
Frage: Ihr seid Rapper, gab es da manchmal Momente, wo ihr an der Schauspielerei Zweifel hattet?
Sido: Jeden Tag. Und ich selber zweifle heute noch. Jeder sagt mir, wie gut der Film ist, aber ich werde abwarten, was das Publikum sagt. Ich kann mich nicht sehen.
B-Tight: Ich finde ihn okay. Aber ich finde mich selber auch scheiße. Sich selber auf der Leinwand zu sehen ist nochmal etwas ganz anderes. Da ich finde, er hat es ganz gut gemacht und umgekehrt, kann es ja nicht so schlimm sein.
Frage: Wie oft habt ihr euch sehen müssen?
B-Tight: Leider zu oft.
Sido: Ich hab den fertigen Film noch nie gesehen. Wie er bei der Premiere laufen wird, haben wir ihn noch nie gesehen. Wir haben die eine oder andere Rohfassung gesehen, an der aber noch viel geändert wurde. Irgendwann habe ich gesagt: Bitte nicht mehr.
Frage: Auch Bushido hat vor zwei Jahren mit „Zeiten ändern dich“ einen Film gedreht, über seine Biografie. Habt ihr diesen Film gesehen, um euch auf das Projekt einzustimmen?
B-Tight: Ich hab ihn erst danach gesehen.
Sido: Ich hab ihn auch erst gesehen, als wir fertig waren mit drehen. Ich wollte mich auch nicht beeinflussen lassen. Davor wollte ich ihn nicht sehen, weil wir damals noch im Clinch lagen. (Anmerkung: Inzwischen gibt es ein gemeinsames Album „23“ der beiden)
Frage: War es hart, als Musiker jetzt beim Film zu arbeiten?
Sido: Als Musiker können wir uns das einteilen, da gibt es ein Datum, zu dem das Album fertig sein soll. Aber beim Film mussten wir 37 Tage on fire sein. Ich war jeden Tag am Set. Ich musste jeden Tag drehen. Das war ziemlich anstrengend. Ich musste ja auch vier Stunden vor Drehbeginn schon da sein. Weil wir im Film kein einziges Tattoo haben. Alle Tattoos wurden weg gemacht und wir sind gut tätowiert. Das hat schon fünf, sechs Stunden gedauert.
B-Tight: Das war das Härteste. Das ist so mit Airbrush gemacht und irgendwann bist du High von den Dämpfen. Ich hab da Kopfschmerzen bekommen, das fand ich nicht so cool.
Frage: Kommen wir mal zum Soundtrack. Wie ist es zu dem Song mit Rio Reiser gekommen?
Sido: Ich höre Rio Reiser sehr gern, auch Ton Steine Scherben ist in meinem iPod sehr präsent. Ich brauchte ein Lied für den Abspann, das den ganzen Film nochmal beschreibt. Der so eine Überschrift für den Film ist. Und da bin ich sehr schnell auf diese Line „Wir sind geboren um frei zu sein“ gekommen. Weil ich finde, dass es sehr gut beschreibt, woher dieser Zwist zwischen den beiden kommt. Ich finde, dieser Satz beschreibt den Film sehr gut, insofern ist es mehr die Überschrift für den Film. Es ist aber auch komplett meine Meinung, alles was ich da sage. Wir könnten uns auch sehr lange über meine Definition von Freiheit unterhalten, aber das würde den Rahmen sprengen.
Frage: Wie kam es zu der Auswahl der Musiker auf dem Soundtrack?
Sido: Das sind alles die Rapper, die ich für die neuen Talente halte.
Frage: Gibt es „Mo Blutzbrüdaz“? Werdet ihr euch nochmal vor die Kamera stellen?
Sido: Ich mach es abhängig von der Meinung des Publikums
B-Tight: Für mich kommt es immer aufs Drehbuch an.
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