Wenn wir es nicht besser wüssten, dann könnte dieses Album 40 Jahre früher aufgenommen worden sein. Wie ein vergessenes Archivband, das auf dem Dachboden entdeckt und abgestaubt wird. Der frühere Kopf von „Tony! Toni! Tone!“ und „Lucy Pearl“ hat ein Dutzend Songs eingespielt, die 60ies Soul pur sind. Täuschend echt, und doch nachgemacht. Analog, aber digitalisiert.
Ein Schelm, wer Amy – äh – arges dabei denkt: Er habe im Urlaub auf den Bahamas und in Costa Rica Menschen aus der ganzen Welt getroffen und alle hätten klassischen Soul gehört, begründet Saadiq seine ein wenig reaktionäre CD. Es könnte aber auch sein, dass er die Welle absurfen will, die Amy Winehouse und deren copy cats wie Duffy so erfolgreich reiten. Und der Mann ein Stück von diesem Kuchen abhaben will (was er zweifelsohne mehr verdienen würde als das stimmlich eher durchschnittliche wandelnde Aufputschmittel mit Sarah Palin-Frisur und deren geschickter Beatbastler).
Andererseits ist es konsequent von dem Multitalent, Songs aufzunehmen, die sich anhören, als hätte sich die Backingband vom Motown-Studio mit den Kollegen von Stax zu einer Session getroffen. Diesen Sound so hinzukriegen ist eine beachtliche Leistung. Spätestens mit dem letzten Stück kommt das jähe Erwachen, wenn Jay-Z losreimt. Da hört sich wieder, welche Entwicklung die Black Music in einem knappen halben Jahrhundert genommen hat. Der Kreis schließt sich.
Ob dieses melancholische Album mit Gästen von Joss Stone über Jigga Man bis Stevie Wonder die Popmusik voranbringt, ist zweifelhaft. Andererseits hat niemand Anstoß an Phil Collins genommen, der den Soul aus „You Can’t Hurry Love“ gepumpt hat und mit seinem tot gespielten Cover die akustische Unterschicht an den Dudelfunk bindet.
Künstler: Raphael Saadiq | Album: The Way I See It | Label: Columbia/SONY/BMG | VÖ: 9. Dezember 2008
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