Donnerstag drängelten sich die Pressevertreter, um in den Gerichtssaal zu kommen, waren doch zwei explosive Zeugen angekündigt: die Frau, die angeblich Sex zu dritt mit R. Kelly und Reshona gehabt haben will, und ein unbekannter Mann, der den Hintergrund und die Motive dieser Zeugin darstellen will.
Leider tauchten heute beide nicht im Gericht auf, verhört wurden nur Foto- und Video-Experten. Das Ganze dauerte extrem lange und ich wurde den Verdacht nicht los, dass die Staatsanwaltschaft dieses inszenierte, um den Anwesenden wiederum das fragliche Sextape zeigen zu können.
Zum Tape selbst, wer es noch nicht gesehen hat, es kursiert sicher irgendwo im Netz, ansehenswert weil nichtssagend, sexuell langweiliger Durchschnitt, die handelnden Personen nicht klar zu erkennen, besonders keine deutlichen Aufnahen des Mannes. Zudem möchte ich anmerken, dass die Jury aus vier Afroamerikanern und acht weißen Amerikanern besteht und der durchschnittliche weiße Amerikaner Schwierigkeiten hat, den Unterschied zwischen Denzel Washington Busta Rhymes zu erkennen.
Nichtsdestotrotz sind Amerikaner immer schockiert, wenn sie einen nackten Körper sehen, deswegen nutzt die Staatsanwaltschaft den IGITTIGITT-Effekt stets aus.
Stundenlang wurde versucht zu beweisen, dass die Aufnahmen in R. Kellys ehemaligem Haus entstanden, leider kann niemand sagen, ob die Aufnahmen während seiner Anwesenheit oder nach Verkauf des Hauses entstanden.
Fakt ist, dass das Video kein Original sondern eine Kopie ist, die über mehrere Generationen mehrfach kopiert wurde. Dieses zu untersuchende Videoband wurde den Videoexperten Mark Cavins und Brent Fredericks von den untersuchenden Beamten der Chicagoer Polizei zugesandt, zusammen mit – und das hat mich wirklich schockiert – Promotionfotos von R. Kelly und im Internet kursierenden Presseberichten.
Unglaublich aber war, der Name und Fotos des angeblichen Täters R. Kelly und von irgendwelchen Journalisten zusammengeschriebene Verdächtigungen wurden den Videoexperten , die ja erst die Identität feststellen sollten, zusammen zugesandt.Das nenne ich mal eine völlig neue Art der unvoreingenommenen Ermittlung.
Die Versuche, R. Kelly als den Mann im Video aufgrund eines Muttermals auf seinem Rücken zu identifizieren, arteten in eine Art schlechter Komödie aus. Fakt ist, R. Kelly hat ein deutliches, sehr dunkles Muttermal auf dem linken mittleren Teil seines Rückens.
Der Mann im Video, und hier beginnt der Spaß, hat auf einem Bild einen kleinen Punkt auf dem Rücken, im nächsten Bild nicht, dann hat er wieder einen kleinen Punkt, dann im nächsten Bild wieder nicht…usw. usw.
Und dabei muss man als Anwesender ruhig bleiben und darf nicht vor Wut aufheulen, ich sage Euch, das ist das Schwerste für mich bei den Verhandlungen.
Der Experte musste beim Kreuzverhör zugeben, dass er meistens, wenn er gebucht wird, für die Staatsanwaltschaft arbeitet, dass er für seine Expertise von der Staatsanwaltschaft bezahlt wurde (50 Dollar pro Stunde), dass er das ohnehin mehrfach kopierte Material bearbeitet hat und er nicht weiß, ob dieses Band vorher von irgendwem bearbeitet und digitalisiert wurde.
Die Aufnahmen, die der Jury vorgeführt wurden, sind von ihm bearbeitet worden, damit man Merkmale besser erkennen kann. Ah Ja! Danke! Das 26 Minuten lange Band besteht aus mehreren Einzelsequenzen, wann und wie diese zusammengeschnitten worden sind, konnte der Experte auch nicht klären.
Sehen wir, welche Zeugen morgen aus dem Gebüsch auftauchen, ich halte Euch auf dem Laufenden, auch wenn ich mir Mühe geben muss, nicht vor Wut über offensichtliche Ungereimtheiten zu schreien.
Direkt aus Chicago
Beate Dyballa