„Als Pionier des New Jack Swing bin ich schon lange an dem Punkt, wo ich machen kann was ich will. Und meinen Fans gebe ich, was sie wollen“, sagte der Sänger im rap2soul – Interview in Atlanta zur ersten Studioplatte nach sechs Jahren. Und diese Absicht setzt er konsequent um.
Mit einer Einladung an Keyshia Cole lässt der (ehemalige) Restaurantbesitzer zwar durchblicken, dass er hinsichtlich des aktuellen R&B-Geschehens am Ball bleibt, er aber den warmen Sound bevorzugt, der eine Dekade vor dem Millennium en vogue war. Seine (meist) weiblichen Fans sind 35 plus und immer noch offen für Liebeslyrik, die Sweat wie ein pflegendes Balsam aufträgt.
Uptempo meidet er wie echte Künstler Castings im Fernsehen; mittlere Tempi dominieren das Album, das für Rihanna hörende deutsche Girlies der „Generation Pimkie“ Schnee von gestern sein dürfte. Sweat, der mittlerweile als Radio-DJ Trends setzt, ist viel zu schlau, um schnelllebigen Trends hinterherzulaufen. Stattdessen wiederholt er sich auf dem Niveau von 1996 und singt mit Athena Cage „Butterscotch“ ein; sozusagen „Nobody Part II“. Das ist legitim, auch wenn wir ihm dafür keine Höchstpunktzahl in der Bewertung mehr geben können.
Für eine Überraschung ist er aber immer noch gut; der erfolgreiche Geschäftsmann, der zunächst die Millionen an der Börse makeln wollte, dann aber lieber 15 Millionen Platten handelte: Den Opener „Somebody“ hat er mit Kopfstimme eingesungen. „Das Lied habe sich dafür angeboten und er wollte mal etwas ganz anderes machen“, erklärte Sweat uns seinen Ausritt in die Falsett-Prärie der Bee Gees. Und so sorgt die geschmeidige Creme zur Fanpflege wenigstens am Anfang für unerwartete Schattierungen.
Exzellentes Songwriting, ein ausgeklügelter Sound und ein entspannter Groove dominieren dieses Old School-Album und verfestigen den sehr guten Gesamteindruck. Lest auch das komplette Interview mit Keith Sweat!
Künstler: Keith Sweat | Album: Just Me | Label: Keia Records/Warner Music Germany | VÖ: 16. Mai 2008