Wer hätte gedacht, dass Ralph Tresvant sein drittes Studioalbum so modern würde klingen lassen? So kühl und klar klingt wenig, was 2006 erschienen ist. Nicht dass angesichts eines starken Trends zur Rückbesinnung auf die Wurzeln von R&B (oder was manche Künstler als das ausgeben) keine synthetischen Klänge mehr gefragt wären.
Doch mit „RizzWaFare“ ist Ralph Tresvant unter denen, die ihren Sound konsequent in diese Richtung entwickelt haben. Zu seiner Tenorstimme ist dies freilich eine gute Wahl! Im Gegensatz zum Cover: Wenn 13 Jahre seit dem letzten Soloalbum vergangen sind, sollte ein Künstler sein Gesicht möglichst groß auf das Cover bringen, damit alte Fans es z. B. im CD-Regal erfreut wiedererkennen.
Stattdessen schaut Ralph Tresvant, ganz in Schwarz gekleidet, nach unten, scheint sein Kinn gegen den Oberkörper zu pressen, so dass unter seinem Hut kaum mehr als seine Nasenspitze hervor scheint. So wird die Aufmerksamkeit zuerst auf die Kette mit dem ziemlich großen Kreuz gelenkt, die er um den Hals trägt und dann auf die große Gürtelschnalle, in die ein Kreuz eingearbeitet ist.
Diese Wahl erklärt sich vermutlich mit dem Intro „Sneaky“, in dem er mit all den Menschen abrechnet, die ihn ausnutzen oder ihm sonst schaden wollten. Darin sagt er in etwa: „Ich traue niemandem mehr, niemandem außer Gott.“ Die 25 Jahre im Music Biz sind nicht spurlos am Künstler vorbei gegangen.
Das erste Lied „Love Hangover“ läuft auf einem grimmig stampfenden Beat, wirkt durch die eingängige Melodie und Ralphs sanfte Stimme jedoch weicher und kommerzieller. Einen Song wie diesen erwarte ich eher von Justin Timberlake.
Dafür schaltet er beim folgenden „Angel“ einen Gang runter und lässt seine Stimme im Schmeichel-Modus arbeiten. Der Beat erinnert – so cool er ist! – sehr stark an Bobby Valentinos hervorragendes „Slow Down“ aus 2005.
Einen Mangel an Slow Jams gibt es zum Glück auf „RizzWaFare“ nicht; hier zeigt sich Ralph Tresvant wie immer von seiner stärksten Seite. Sowohl bei Tracks wie „Strange Emotions“, der trotz eines relativ kräftigen Midtempo Beats kuschelig klingt, als auch bei wirklich langsamen Stücken wie „Homegirl“ strahlt sein Talent einfach heller als bei den schnelleren Songs.
Spannend ist, wie gut die sehr verschiedenen Stücke des Albums zusammenpassen. Nichts wirkt hier zusammengeklebt, „RizzWaFare“ ist ein sehr vielfältiges Album aus einem Guss. Kein Wunder, denn nicht nur beim Songwriting ist Ralph Tresvant weitgehend dem gefolgt, was er im Intro als Rat formuliert: Wenn Du willst, das etwas erledigt wird: Tu es selbst!
Während so viele Künstler ihre Longplayer mit einem Zuviel an Produktion überfrachten, hat Ralph Tresvant eine gute Entscheidung getroffen, indem er sich fürs Sparen entschieden hat. Die Produktion der meisten Tracks wirkt sehr einfach, aber das ist für sich genommen absolut kein Negativkriterium. Eine starke Stimme kommt mit einer minimalistischen Begleitung meist besser zur Geltung.
FAZIT: Kein Glanz, kein Glamour, keine Statussymbole, keine protzige Produktion, sondern eine gewaltige Dosis Ralph Tresvant, ein Selbstverwirklichungs-Album von einem Mann, der mit einfachen Mitteln ein modernes R&B-Album geschaffen hat, das kein Bisschen an die New Jack Swing-Zeit erinnerst, in der er als Teil von New Edition groß geworden ist.
Künstler: Ralph Tresvant | Album: RizzWaFare | Label: Xzault | VÖ: 21. September 2007