Er ist immer noch der Mack und er ist zurück: Mark Morrison, der 1996 als erster schwarzer britischer Musiker mit „Return Of The Mack“ an die Spitze der UK Single Charts gelangte und das gleichnamige Album zu einem Welterfolg machte, konnte 2006 mit „Innocent Man“ endlich sein drittes Studioalbum veröffentlichen.
Längst ist Black Music ein sehr wichtiger Teil der britischen Charts, doch wo wären Stars wie Lemar und Craig David heute, wenn Mark Morrison nicht den Weg bereitet hätte? Auskosten konnte er seine gewaltigen Charterfolge damals nur zum Teil, denn wieder und wieder geriet er mit dem Gesetz in Konflikt – zum Teil unverschuldet.
So wie sich Mark Morrison selbst in Schwierigkeiten brachte, war er, wie er zugibt, manchmal sein eigener schlimmster Feind. Besonders deutlich wurde das, als er Ärger bekam, weil er einen in Großbritannien nicht erlaubten Elektroschocker bei sich trug. Die gemeinnützige Arbeit, zu der er verurteilt wurde, ließ er jemand anders machen und kam so ins Gefängnis.
Den Titeltrack „Innocent Man“ bezieht er auch nicht auf sich allein, sondern auf den ganzen männlichen Teil der Weltbevölkerung. Oft würden Männer bei dem Versuch, ihre Lebenssituationen zu verbessern, falsche Entscheidungen treffen bzw. in Situationen geraten, in denen sie kaum noch die Möglichkeit hätten, das Richtige zu tun. Er möchte sie dafür nicht verurteilen und sie vor allem nicht auf ihre Fehler reduzieren.
Die meisten autobiografischen Züge trägt hingegen „Just A Man“, das gleich zweimal auf „Innocent Man“ zu hören ist, einmal davon als Version mit Alexander O’Neal als Gast. In dem Song gesteht er, sich für ein paar Dinge in seinem Leben zu schämen und damals viel zu oft genommen und zu selten gegeben zu haben. Eine zweite Chance, um die bittet er.
Ob er eine solche auch für seine Karriere erhält, bleibt spannend, denn durch widrige Umstände verzögerte sich die Veröffentlichung um Jahre. „Innocent Man“ wurde schließlich 2006 auf dem unabhängigen Label Mona Records veröffentlicht.
Ein wenig frustriert ist Mark Morrison schon, dass die großen Plattenfirmen ihm keine neue Chance geben wollten. Von „Return Of The Mack“ hatte er immerhin allein in den USA mehr als zwei Millionen Exemplare verkauft, bekam Doppelplatin für sein Debütalbum, das es bis auf den zweiten Platz der Top 200 schaffte. Dass ihm das keinen Kredit für einen neuen großen Start gibt, spricht nicht eben für die Weitsicht in der Musikindustrie.
Dieser Situation kann der Künstler andererseits auch Gutes abgewinnen. Er hätte sonst kein eigenes Plattenlabel, meint er. Und ganz verlassen ist er auch nicht. Neben dem bereits erwähnten Alexander O’Neal sind Elephant Man, Gabrielle, Connor Reeves, Grimm, Isyss, Tanya Stephens, Daz Dillinger, Tray Deee, Tippa Irie, Mica Paris und der All Saints Road Community Choir, Adina Howard und DMX zu Gast. Das sind mehr Gäste als nötig, weil Mark Morrisons markante Stimme über die Jahre nichts von ihrer Faszination verloren hat; dennoch hat es dem Album nicht geschadet, denn die Gastkünstler leisten ausnahmslos einen guten Job.
Beim ersten Durchhören mögen die schnellen Tracks ein wenig irritieren, doch am Ende überzeugt die Mischung, zu der neben Midtempo-Nummern auch Slow Jams zählen auch durch ihre Ausgewogenheit. Nach seiner unfreiwilligen Pause beweist der Künstler seine Leistungsfähigkeit mit einem Spektrum ganz verschiedener Songs.
Ob die die Fachpresse wohl irgendwann in dicken Lettern „The Mack Is Back“ titeln wird – wer weiß, wohl eher nicht, doch der gereifte Mark Morrison hat mit „Innocent Man“ einen Longplayer mit Substanz geliefert. Vom aktuellen R&B-Mainstream ist Mark Morrison Welten entfernt, doch dank guter Ideen, sauberer Umsetzung und des besonderen Gesangsstils hat das Album das Potenzial, auch Black Music Fans anzusprechen, die den Künstler nicht von früher kennen.
Künstler: Mark Morrison | Album: Innocent Man | Label: Mona Records | VÖ: 1. Mai 2006