Groove Armada – rap2soul meets Groove Armada

Wir trafen Andy Cato und Tom Findlay, die wahrscheinlich wesentlich bekannter unter dem Gemeinschafts-Pseudonym Groove Armada die verschiedenen Kontinente der Erde mit ihrem Mix aus Housebeats, Funk-Riffs, tiefen Bassgrooves und Raps beglücken. Nach dem letzten Album, erschienen im Jahr 2002, mit dem harmoniegeometrischen Namen „Lovebox“, war bis im Mai des Jahres 2007 keine Neuigkeit zu vernehmen. Die beiden Londoner besuchten Berlin im Zuge des Promotion-Feldzuges für das jetzt erscheinende Album „Soundboy Rock“.

Das Projekt Groove Armada gründete sich Mitte der 90er Jahre und müsste spätestens durch Singles wie „I See You, Baby“, der für die Renault-Megane-Werbung von Fatboy Slim geremixt wurde, der breiten Masse ein Begriff sein. Groove Armada sind bekannt für ihre Experimentierfreudigkeit: Alben voll von hochkarätigen Vocal-Features und wunderschöne Remixes, wie zum Beispiel auf dem Album „Back to Mine“ (2000) sind ein Markenzeichen der Kosmopoliten. Und nun steht das neue Album vor der Tür.

rap2soul: Nun, was genau treibt euch nach Berlin?

Cato: Im Grunde genau das, was wir hier gerade tun.

rap2soul: Also eine reine Promtion-Tour?

Findlay: Ja, wir versuchen dass so flach wie möglich zu halten. Promo ist wahrscheinlich der nervigste Teil an unserer Arbeit. Aber sie ist halt ein notwendiges Übel…

rap2soul: Das bedeutet aber auch, dass ihr eine Menge rumkommt. Hält euch das von der richtigen, musikalischen Arbeit ab?

Cato: Man verbringt tatsächlich eine Menge Zeit damit, darüber zu sprechen, Musik zu machen, obwohl man diese Zeit in echt viel besser gebrauchen könnte, um tatsächlich welche zu machen. Man muss die positiven Aspekte dieser Herumfahrerei sehen: Man legt an den verschiedensten Orten der Welt auf, oder macht Gigs mit einer Live-Band. Aber wir versuchen in jedem Falle soviel wie möglich Musik zu produzieren.

rap2soul: Gut aber in diesen Wochen braucht ihr die Zeit wahrscheinlich viel mehr um Leute zu treffen und das neue Album vorzustellen. Dabei wird euer Equipment sich wahrscheinlich sehr allein fühlen. Aber dennoch: Gefällt euch Berlin?

Findlay: Ja, ich war vor ungefähr einem Monat mal für ein Wochenende hier und habe ein paar Freunde besucht – war richtig witzig, ein heftiges Wochenende: Wir waren im Panorama, gleich zweimal. Das hat mir echt gefallen, es hat einen richtig bohemische Vibe. In Europa gibt es wenige solcher Städte, die gleichzeitig so exotisch sind und in denen man noch immer so günstig leben kann. Es gibt hier so viele Künstler, Musiker und DJs auf einem Haufen. Ich liebe London sehr, aber dieses Berlin wäre ein Ort an dem ich mir vorstellen könnte zu leben – wenn ich mehr deutsch sprechen könnte!

rap2soul: Sprecht Ihr deutsch?

Cato: Naja, das übliche halt „ein, zwei, drei“ und „Danke“.

rap2soul: Das ist doch aber manchmal das Allerwichtigste…mal schauen – also seid ihr bereits ein wenig mit der Berliner-Club-Atmosphäre in Kontakt gekommen? Wart ihr bisher nur zum Partymachen hier, oder habt ihr auch schon mal live in Berlin gespielt?

Findlay: Wir haben mal in Potsdam gespielt, noch etwas weiter im Osten also. Das war ein ziemlich punkmäßiger Laden mit Graffiti an den Wänden und so – hat mir gefallen…

rap2soul: Das Waschhaus?

Findlay: Richtig – das wars!

rap2soul: Kommen wir zu eurer neuen Platte Soundboy Rock: Wie seid ihr auf diesen Titel gekommen?

Cato: Der ist mit dem gleichnamigen Titeltrack entstanden. In diesem Track wird M.A.D. also der Mann mit dem wir auch Superstylin“ aufgenommen haben, und der auf fast allen unseren Alben dabei ist, gefeatured. Wir hatten eine Jam-Session mit ihm gemacht und er sang gerade etwas zu einem unserer House-Arrangements. Das ist seine Spezialität und haute plötzlich etwas heraus, das sich anhörte wie „Sound-Boy-Rock!“. Als wir diesen Ausruf aus dem Kontext jenes House-Beats herausnahmen, klang er plötzlich wie ein richtiger Raggae-Chorus. Somit hatten wir den Ausruf Soundboy Rock als Track-Name auf unserer Liste. Als wir nach einem Album-Titel suchten, stach er irgendwie heraus, weil er das einfing, was wir taten. Er hat keine spezielle Bedeutung, aber dieser Name verkörpert den Sprit in dem dieses Album entstanden ist. Also mehr oder weniger ein Zufall.

rap2soul: Ich habe den Video-Clip zu eurer neuen Single „Get Down“ gesehen, in dem man ein Film-Team sieht, was einen Clip drehen soll, in dem tanzende, lebensgroße Kaninchen die Hauptrolle spielen und sich im Laufe des Videos, in der ungeschnittenen Version permanent vermehren. Ein sehr witziges Ding, habt ihr da selbst die Finger im Spiel oder wer produziert eure Videos?

Findlay: Nunja, als Band wie wir es sind, unterliegt man einer gewissen Behandlung von fremden Firmen, aber wir bestimmen mit. In diesem Fall hat die Video-Produktion eine französische Firma namens PLEX übernommen. Unser Management hat ein paar Vorschläge bekommen, die nichts taugten und im dritten oder vierten, war plötzlich eins von diesen tanzenden Häschen drin, in schwarz-weiß und es wirkte echt unheimlich und wir sagten plötzlich: das soll es sein! Das Ding hat einen leicht surrealistischen Touch, der mir sehr gefällt. Es gab einige Diskussionen darüber ob, Stush, die auf dem Song singt, nicht im Clip tanzen sollte, was der naheliegendste Ansatz für ein Video gewesen wäre. Dagegen sind kopulierende Häschen ein eher weniger naheliegendes Thema und das war für uns die Idee. Auf MTV sehen die Videos alle gleich aus. Und in Zeiten der Generation YouTube, die so auf Kuriositäten steht, ist es gut mit einem etwas surrealen Clip zu starten. Die Leute werden ihn Online-Stellen und schauen ihn sich an. Ich glaube, unser Video ist bereits ein Favorit auf YouTube.

rap2soul: Wenn ihr Musik produziert, gibt es da etwas, dass ihr konkret vor Augen habt? Soundboy Rock ist wiedereinmal etwas wirklich Neues aus eurer Feder, was hat euch getrieben oder angezogen? Ist es ein gutes Album und warum?

Cato: Ich halte es für das beste Album, das wir gemacht haben.

rap2soul: Seit eurem letzten Album Lovebox, das ihr 2002 veröffentlicht habt, sind schon fünf Jahre vergangen und man hört, dass sich seitdem eure Arbeitsmethoden ein wenig verändert haben. Ihr habt in zwei verschiedenen Städten gelebt während ihr schon produziert habt: Andy in Barcelona und du, Tom, in London. Wie habt ihr das mit der Produktion angestellt?

Cato: Also meistens fängt man damit an haufenweise Grooves zu schreiben und diese aufzunehmen, als Grundlage für die späteren Tracks. da wir nun also jeder ein Studio hatten, hatten wir plötzlich doppelt so viele Entwürfe auf der Hand. Diese Distanz beschleunigt natürlich den Arbeitsprozess nicht, aber wir hatten eine größere Auswahl an Themen. das war ganz erfrischend und auch eine interessante Erfahrung mit dieser Arbeit. Wir haben uns die Track-Teile teilweise per E-Mail hin und her schicken müssen. Am Ende haben wir uns für ein paar Monate in Barcelona zusammengesetzt, um die Entwürfe zusammenzubauen.

rap2soul: Ist das mit den E-Mails nicht ein Sicherheits-Risiko?

Cato: Es ist total sicher, bis zu dem Punkt, an dem jemand versucht an unsere Dateien zu kommen.

Findlay: Nunja, das Album ist bereits online. Es ist zu spät, man kann es halt leider nicht mehr zurückholen. das ist eben die Realität, mit man sich als Musiker heutzutage abfinden muss. Ich habe keine Ahnung, wie man Musikpiraterie aufhalten will. Wahrscheinlich geht das bis zu dem Punkt, an dem man Musik irgendwann umsonst anbieten muss. Der Verdienst, der Musik muss dann halt von anderswo kommen, als von den verkauften Platten. Die Firmen verkaufen immer weniger.

rap2soul: Das heißt, auch Elektro-Musiker sollten sich ein Beispiel an euch nehmen und mehr Live-Gigs spielen um damit Geld zu verdienen?

Findlay: Genau, an den Platten verdient in erster Linie die Firma, die werden an der Piraterie zugrunde gehen – es ist nicht gut so!

rap2soul: Ihr featured immer einige Künstler auf euren Alben, wie wählt ihr diejenigen aus, die beispielsweise einen Vocal-Part übernehmen?

Findlay: es ist so, man baut sich ein Konzept für einen Song und denkt darüber nach wer darauf singen könnte. Man hat meistens vier oder fünf Leute im Kopf, die dazu passen könnten. Man arbeitet diese Liste ab, bis man einen von ihnen bekommt. Manchmal kommt es auch vor, dass jemand anderes mit einer verrückten Idee ankommt. Zum Beispiel das Lied „4 Mutja“ von Soundboy Rock, zusammen mit dem Ex-Sugababe Mutya Buena, war eine solche. Wir hatten das nicht geplant, aber der Vorschlag kam auf. Und auf diesem Album herrscht die Grundeinstellung „Warum nicht?“ und somit bauten wir Mutja ein um zu sehen was daraus wird. „Warum nicht?“ wird mein neuer Slogan für das Album. (grinst)

rap2soul: Welche Vertreter aus der Richtung Black Music sind auf dem neuen Album vertreten? Welche Rap oder Soulstimmen habt ihr dabei?

Cato: Es sind einige dabei. Zum Beispiel Stush auf der ersten Single „Get Down“. Sie ist aus der Dance-Hall Richtung und sie ist super. Sie hat viel mit Miss Dynamite gemacht und hat einen eigenen Vertrag bekommen. Wir finden sie klasse. Dann ist da Rhymefest, ein Rapper aus South Carolina, der momentan heftig im UK einschlägt. Ein neuer, verdammt guter Lyricist. Zudem ist Jack Splash von Plantlife dabei.

Findlay: Und wir haben Candi Staton, die auf jedenfalls eine lokale Legende in London ist, eine Souldiva und es gibt einige Rapper, mit denen wir ein paar Bonus-Tracks gemacht haben. Beispielsweise „Hands Up“ ist mit Mr. Fab, momentan ein echt großer In San Francisco. Dann haben wir noch Angie Stone auf dem Album. Sie ist singt dem Track, der „Feel The Same“.

rap2soul: Also begebt ihr euch auf der Suche nach Features weit über die Grenzen Londons hinaus. Warum auch nicht, wo man ja heutzutage dank myspace.com ja mit Menschen von überall arbeiten kann, ohne sie je gesehen zu haben, nicht wahr?

Findlay: Klar, man versucht halt die passendsten Leute für jeden einzelnen Track zu finden! Allerdings ist die Arbeit mit Künstlern aus der eigenen Stadt einfacher zu bestreiten. Aber es ist Wahnsinn wie das heute funktionieren kann. Ich mag das Myspace-Ding. Man kann sich jede Band anhören auf die man Lust hat…

rap2soul: Nun zurück zu euren Live-Performances: Wie verfahrt ihr also, wenn ihr die Lieder auf der Bühne bringt mit den Stimmen, die ihr gefeatured habt?

Findlay: Nun, wir sind sehr kreativ geworden was das angeht. Wir haben eine Sängerin, die die meisten Songs covern kann. Stush aus „Get Down“ ist meist auch live dabei und auch MAD. Wir haben also drei Stimmen, mit denen wir live arbeiten können. Dann haben wir natürlich auch ein paar Tapes mit Vocals drauf. Leute wie Gramma Funk von „I See You Baby““ können wir nicht auf Tour mitnehmen, sie ist einfach zu krass, da benutzen wir dann die backing vocals.

Cato: Live versuchen wir eben auch durch den Unterschied mit einer Live Band zu spielen, zu nutzen und neue Versionen von den Songs zu präsentieren.

rap2soul: Ja das ist sehr interessant: Ihr produziert eure Musik auf Tonträgern anders als für Live-Auftritte. Macht ihr euch bei den Studioaufnahmen schon Gedanken zur Live-Version von Songs, oder sind das zwei Welten?

Cato: Die Studioaufnahme als solches steht immer zuerst im Vordergrund, wobei wir uns jedes Mal hinterher wünschen, wir hätten doch erst an die Live-Version gedacht. Jedes Mal, wenn man an einem Album schreibt, mit dem man dann auf Tour geht, hat man durch die Live-Shows noch so viel über die Songs dazu gelernt, dass man am Liebsten noch mal alles auf Live umschreiben und als Album veröffentlichen würde. Viele Songs, zum Beispiel „4 Mutya“ sind hervorragende live Tracks geworden. Zum Anderen kann man aber auch erst wenn man die Dinger wirklich zu Ende, fertig und gepresst hat, erst anfangen die Live-Sachen zu proben.

rap2soul: Wie sieht es denn bei euch mit Touren zum neuen Album aus? Wann, wo und wie sieht man euch Live?

Cato: Wir haben im Grunde schon angefangen: Wir waren drei Wochen lang in Australien unterwegs, das war der erste Streich um unser neues Album auszubreiten. Der nächste wird eine Tour durch den UK sein, der in 10 Tagen beginnt. Dann folgen haufenweise Festivals im Sommer: das wird überall sein, vom United Kingdom bis Japan und wir kommen auch nach Deutschland, nach Serbien, Russland und so weiter. Ab Oktober gibt es eine Europa-Tour. Bis die zweite Single raus ist, müssen wir uns an verschiedenen Orten davon überzeugen, wie das Album so läuft.

rap2soul: Und auf welchen Festivals kann man euch in Deutschland sehen und hören?

Findlay: Ich glaube wir sind bei Rock-am-Ring, ist aber noch nicht offiziell bestätigt und auf dem Shining-Festival bei München. Es sind wohl nur die zwei, aber dieses Jahr spielen wir in den meisten Ländern gerade mal einen Gig, damit wir mehr herumkommen.

rap2soul: Rock-am-Ring wird garantiert spaßig!

Findlay: Ja, ich glaube wir beschliessen die Dance-Bühne. Wir waren schon einmal bei Rock-am-Ring und mussten nachmittags spielen, gleich vor Ozzy Osbourne, und das hat weniger gut geklappt.

rap2soul: Und wie lang bleibt ihr jetzt noch in Berlin?

Cato: Nunja, so anderthalb Stunden vielleicht? (lacht)

Findlay: Ich hätte Lust hier mal aufzulegen. Die sollten uns einen kleinen Gig organisieren!

rap2soul: Ich danke euch auf jeden Fall schon mal dafür, dass ihr euch Zeit genommen habt und weiterhin viel Erfolg!