Gewohnt gute Qualität wie in den letzten 20 Jahren bekommen wir von Gerald Levert auf seinem posthum veröffentlichten Longplayer „In My Songs“. Die Aufnahmen dazu hatte er kurz vor seinem Tod (10. November 2006) abgeschlossen. Deshalb handelt es sich bei diesem Album auch weder um ein Tribute-Album noch um eine eilig vom Label zusammengesuchte Sammlung mit noch verwertbarem Material. Es ist ganz einfach ein Gerald Levert-Album. Wie immer.
Gerald Levert war nie ein Mann der Überraschungen – ganz egal ob als Teil der Band Levert, als Mitglied von LSG, bei Aufnahmen mit seinem Vater oder bei seinen Solo-CDs. Die ständige Neuerfindung seiner selbst und Soundveränderung, um immer ganz vorne auf jeder neuen Welle mitzuschwimmen, wie sie einige Stars als Erfolgsformel leben, war seine Sache nie.
Seine Fans wissen ganz genau, was sie kaufen und müssen „In My Songs“ nicht erst Probe hören. Dennoch lohnt es sich gerade für diejenigen R&B-Fans, die schon einige CDs des Künstlers in ihrem Regal stehen haben, auch dieses Mal zuzugreifen. Im Vergleich zu seinen früheren Werken ist „In My Songs“ überdurchschnittlich abwechslungsreich und – für seine (!) Verhältnisse – modern.
So gut er bei den Slow Jams immer war – Songs wie „Fall Back“ zeigen, wie gut er den gehobenen Midtempo-Bereich beherrscht, wie viel Reserven er auch bei schnelleren Liedern in seiner Stimme noch hat.
Ebenfalls sehr gut gelungen ist das ziemlich schnelle „DJ Don’t“, welches in Rhythmus und Melodie an die Swing Beat-Ära Mitte der 90er Jahre erinnert. Das wäre damals ein sicherer Hit geworden! Sehr schön, dass zehn Jahre später so etwas noch produziert wird!
Witzig, dass gerade Gerald Levert in seinem Song den DJ bittet, keinen Slow Jam zu spielen, weil er am Ende einer anstrengenden Woche „some ass shake“ braucht. Gleich im folgenden Track „Wanna Get Up With You“ steigert er das Tempo nochmals und bietet eine starken Track zum Tanzen.
Hinsichtlich verschiedener Geschwindigkeiten und Stile ist „In My Songs“ angenehm ausgewogen. Während „Is This The Way To Heaven“, mit dem das Album abschließt, ein klassischer Slow Jam ist, kann man sich „Hang In There“ auch von einem der jungen R&B-Stars wie Mario gesungen vorstellen.
Ohne meine Aussage vom Anfang in Frage zu stellen: Diesmal geht Gerald Levert ein klein wenig mehr mit der Zeit als sonst. Im Gegensatz vielen Mainstream-Künstlern im R&B kann Gerald Levert seine Stimme eindeutig im Vordergrund präsentieren, muss er sie nicht in einen dichten Klangteppich einpacken, um Schwachstellen zu verdecken. Die Instrumentierung ist nicht spartanisch, aber sparsam, es wurde auf alles Unnötige verzichtet. Das muss man sich leisten können. Gerald Levert konnte es immer.
Künstler: Gerald Levert | Album: In My Songs | Label: Atlantic Records | VÖ: 15. Februar 2007