Dieser Mann bringt R&B als Ganzes weiter. Der Titel „The Evolution Of Robin Thicke“ ist so gesehen fast zu bescheiden. Sehr angenehm verbinden sich auf diesem Album künstlerische Experimentierfreude und leichte Zugänglichkeit. Erfahrene Black Music Fans bekommen gehaltvolle Kost, die dennoch so gut bekömmlich ist, dass sich die Hörerschaft des Künstlers nicht auf einen kleinen Zirkel beschränken muss.
Von wenigen Liedern abgesehen kann sich auch der weniger anspruchsvolle (erwachsene) Durchschnittsmusikhörer mit diesem Werk sicher anfreunden. Zwei Faktoren sind dafür verantwortlich: Die Leichtigkeit der Musik und die Offenheit für Einflüsse anderer Genres.
R&B-Puristen mag das verschrecken – auch angesichts manch wenig harmonischer Ausflüge – doch so wertvoll Schubladen sind, um sich zurechtzufinden: Fesseln lassen sollten sich Künstler dadurch nicht. Robin Thicke nimmt sich einige Freiheiten und das – das funktioniert ausgesprochen gut! Soul, Funk, Salsa (!), Hip-Hop, Pop, Jazz passen perfekt in den R&B-Sound, den der Künstler dazu noch häufig von soft zu laut und zurück zu den sanften Tönen auskostet.
Am spannendsten finde ich, wie gut Songs mit akustischer Gitarre oder zurückhaltender Klavier-Begleitung zu solch ganz modern-synthetischer Prägung passen (The Neptunes haben Robin Thicke stark unterstützt.) – die Gefahr, hier ein Gefühl von Chaos zu vermitteln, ist groß. Im Zweifel lieber nicht machen, sag ich! Robin Thicke und sein Team haben diese Aufgabe mit Bravur gelöst.
Mit Worten einen Eindruck davon zu vermitteln, wie „The Evolution Of Robin Thicke“ sich anhört, ist sehr schwierig. In seiner fast radikalen Vielfalt erinnert es zuweilen an den Stil von Prince. Bei „Lonely World“ scheint Robin Thicke dem Gesangsstil von Michael Jackson zu folgen – der sollte diesen Song unbedingt auch einmal aufnehmen, das wäre ein sicherer Hit!
Die Frage, ob mit einem Maximum an Abwechslung von einem Mangel an Originalität abgelenkt werden soll, lässt sich stellen. Ich beantworte sie leicht zögernd mit nein. Auf den zweiten Blick bietet dieser Longplayer nicht so viel Innovation, wie beim ersten Eindruck.
Gerade deshalb – und hier knüpfe ich an mein Eingangsstatement an – bringt er das Genre weiter: weil er nicht zu viel auf einmal erfindet, sondern eher geschickt bündelt. Wer zu schnell weit nach vorne geht, nimmt nur wenige Musikfans mit. „The Evolution Of Robin Thicke“ ist ein Fall für die kritische Masse.
Künstler: Robin Thicke | Album: The Evolution Of Robin Thicke | Label: Interscope (Universal) | VÖ: 3. Oktober 2006