Angesichts der vielen jungen R&B-Künstler, die in den Markt drängen, wird es dort langsam eng. Mit Shaffer Chimere Smith hat ein junger Mann den Ring betreten, der der Konkurrenz schon ein ganzes Stück voraus ist.
Seit er sich 2004 den Künstlernamen Ne-Yo zugelegt hat, konnte er seine Karriere mächtig in Schwung bringen. Eigentlich war es nur ein Spitzname, ein Kumpel hat ihm den gegeben, weil Shaffer Musik sehen könnte wie Neo die Matrix in der Filmtrilogie mit Keanu Reeves.
Lange schon arbeitet Ne-Yo als Songschreiber – davon haben schon Künstler wie Faith Evans, Jamie Foxx, Heather Headley, Marques Houston, Christina Milian, Tyrese, Nivea, Ruben Studdard, Mary J. Blige und natürlich Mario profitiert. Seit der Gemeinschaftsarbeit „Let Me Love You“ mit Scott Storch und Kameron Houff hat er sich endgültig einen Namen gemacht.
Nach rund 15 Jahren als Songwriter wollte Ne-Yo gar keinen zweiten Anlauf als „Recording Artist“ nehmen, sein erstes Album wurde von Columbia Records nicht veröffentlicht, doch ein Freund stellte ihn L. A. Reid vor. Vom Fleck weg nahm der Ne-Yo unter Vertrag und bewies wieder einmal, dass er ein musikalisches Talent erkennt, wenn ein begabter Künstler vor ihm steht (Toni Braxton war die erste Künstlerin, die bei LaFace unter Vertrag genommen wurde).
Der Titel „In My Own Words“ erklärt sich mit diesem Wissen leicht: Alle Lieder hat er selbst geschrieben (und bei der Hälfte hat er bei der Produktion mitgewirkt, weitere Produzenten sind Curtis Wilson, Ron Feemstar und die Norweger Stargate), was ihn von den meisten der unzähligen jungen Künstler unterscheidet. Auf seinem Album kann er sein Talent auch deshalb entfalten, weil er (vom „Get Down Like That“-Remix abgesehen) nur einen einzigen Gast hat, den Rapper Peedi Crakk (der sich nun meist Peedi Peedi nennt) aus Philadelphia. Durch das Fehlen unzähliger Raps ist „In My Own Words“ entsprechend harmonischer. Die CD ist erstaunlich „rund“: Kein Track fällt aus dem Rahmen, das Album lässt sich vom ersten bis zum letztem Stück in der vorgesehenen Reihenfolge hören. Das ist die Art von Album, die man an einem verregneten Nachmittag auf der Couch beim Schmusen auch mehrmals hintereinander im Hintergrund laufen lassen kann, ohne dass man sich dabei langweilen würde.
Richtig Neues darf man von Ne-Yo nicht erwarten, nach anderthalb Jahrzehnten als Songwriter weiß er wie Hits gemacht werden und hat die Erfolgsformeln konsequent auf seinen eigenen Longplayer angewendet. Damit vermeidet er Extreme, bleibt im Rahmen und berechenbar, wobei sein Sound – für ein doch kommerziell ausgerichtetes Album – frisch und ideenreich klingt.
Weitere Kritik zu diesem Album
Künstler: Ne-Yo | Album: In My Own Words | Label: Def Jam (Universal) | VÖ: 10. März 2006 | Album des Monats: März 2006