Wer sich für leicht jazzige Coverversionen von Soul-Klassikern begeistern kann, sollte sich dieses Album anhören: „Sweet Classic Soul“ bietet genau das! Auf ihrem vierten Solo-Album schließt sich Maysa (Leak) einem Trend aus 2005 an: Alben, die nur aus Cover- oder Remake-Tracks bestehen. Einige Stücke auf „Sweet Classic Soul“ lassen sich besser bei Smooth Jazz als bei Soul einordnen, doch da es sich tatsächlich um Soul-Klassiker handelt geht der Titel schon in Ordnung.
Die meisten der zehn Lieder sind ruhig und romantisch, die beiden schnellen Nummern „All I Do“ (ursprünglich von Stevie Wonder) und „Any Love“ fallen aus dem Rahmen, wobei „All I Do“ recht gemacht ist, „Any Love“ dagegen nicht überzeugt, weil dieser Dance Track insbesondere für ein Album wie dieses zu einfach gestrickt ist. Auch die coolen Funk-Elemente retten diese Nummer nicht. Um die richtige Stimmung an einem romantischen Abend zu schaffen – und das schlägt die Künstlerin selbst für diese CD vor – eignet sich das Album als ganzes daher nicht. Allerdings gibt es, sofern sich ein Künstler auf langsame oder schnelle Songs konzentriert, fast immer auch etwas vom anderen Ende des Spektrums zu hören, um die Vermarktung zu erleichtern. Verständlich, aber es fördert dennoch nicht die Zufriedenheit mit dem Gesamtwerk.
Umso zufriedener bin ich mit den anderen acht Stücken. Das Album beginnt mit „Wishing On A Star“ bei dem Maysa sehr gut das Original trifft, mit dem Rose Royce 1978 einen Hit hatte. Angesichts der großen Ähnlichkeit und der soliden Versionen seitens Teena Marie und den Cover Girls ist dies nicht gerade ein Beitrag zur Vielfalt, wenn man von der Instrumentierung absieht.
Einen solchen leistet sie bei „Don’t Say Goodnight“: Maysa stellt das Orginal der Isley Brothers von 1980 klar in den Schatten. Der mit 5:45 min längste Track des Albums überzeugt auf ganzer Linie.
Auch bei „Love Won’t Let Me Wait“ können wir mit Maysa Neues an diesem Soul-Klassiker entdecken. Mit ihrer dunklen, rauchigen Stimme wirkt der Titel völlig anders als die bekannte Version von Luther Vandross, der ihn unglaublich zart gesungen hat. Retro-Soulman John Legend, der ihn auf dem „So Amazing – An All-Star Tribute To Luther Vandross“ gesungen hat, kommt dagegen weit näher an das Orginal von Major Harris heran. Bei Maysa klingt es nach Smooth Jazz trifft auf 80er Soft Soul. Ihre Version ist die Entspannteste.
Sehr überzeugend ist auch „Come Go With Me“, bei dem sie von Robert Lee Hardy unterstützt wird, doch liegt der Gänsehautfaktor dann doch unter dem von Teddy Pendergrass Original.
Bei einem der größten Hits der Stylistics on 1972, „Betcha By Golly Wow“, bringt Maysa Leak fast schon ungewöhnlich warm ihre Stimme zu Gehör, klingt sie sonst doch eher klar und (auf angenehme Weise) kühl. Hinter dem Original muss sie ihre Interpretation nicht verstecken, auch nicht hinter der von Prince.
„Playing Your Game, Baby“ klingt aus dem Mund von Maysa schön, dieses besondere Gefühl, das Barry White mit dem Stück bei mir hervorrufen konnte, erreicht sie damit jedoch nicht. Die jazzig-entspannte Stimmung, die gerade gegen Ende ihrer Umsetzung entsteht, gefällt auch nach mehrfachem Hören und nutzt sich nicht schnell ab. Perfekt schließt sich daran dass sehr relaxte, heitere „Love Comes Easy“ an.
Mit dem Abschluss-Track „The First Time (Ever I Saw Your Face)“ zeigt Maysa eindrucksvoll, dass sie Jazz nicht nur “smooth”, sondern auch traditionellen Vocal Jazz beherrscht. Maysa singt diesen Track mindestens genauso gut wie Roberta Flack 1969, die damit ihren Durchbruch hatte (wenngleich erst, als Clint Eastwood ihn 1971 in seinem Regiedebüt „Sadistico“ [Originaltitel: „Play Misty For Me“] über einen Radio-DJ und einen besessenen Fan verwendet hatte).
Es wird Zeit, dass mehr anspruchsvolle Musikfans ihre Musik kennenlernen und nicht nur bei Incognito (Maysa ist immer wieder als Sängerin für das Bandprojekt aktiv) hören.
Künstler: Maysa | Album: Sweet Classic Soul | Label: Shanachie (Just records Babelsberg) | VÖ: 17. Februar 2006