Matthew Miller wurde am 30. Juni 1979 in West Chester im US-Bundesstaat Pennsylvania geboren – dies entspricht im jüdischen Kalender dem 4. Tammus 5740. Kurz nach seiner Geburt zog seine Familie nach Berkeley, Kalifornien, ließ sich allerdings später in White Plains, New York, nieder. Seine Eltern schickten ihn zur hebräischen Schule, doch wie viele Kinder versuchte Matthew, sich den zusätzlichen Schul-Wochenstunden zu entziehen und stand oft kurz vor dem Ausschluss, weil er den Unterricht störte.
Im Alter von vierzehn Jahren fand er Gefallen am hippieesken Lifestyle der Grateful-Dead-Fansippschaft „Dead Heads“, ließ sich Dreadlocks wachsen und trug Birkenstock-Schuhe – selbst im Winter (!). Er spielte in der Schulkantine Bongos und brachte sich selber das Beatboxen bei, indem er während der Unterrichtsstunden in der letzten Reihe des Klassenzimmers heimlich übte. In der elften Klasse fiel es Matisyahu immer schwerer, mit der allgemeinen Leere in seinem Dasein klar zu kommen, die sich ihm trotz seines unbeschwerten Lebens immer deutlicher offenbarte. Nachdem er aus Versehen um ein Haar seine Chemie-Klasse einer lebensbedrohlichen Feuersbrunst ausgesetzt hätte, wurde ihm bewusst, dass seine Mission augenblicklich zu beginnen hatte. Er beschloss, einen Camping-Ausflug nach Colorado zu unternehmen. Weitab von den Zerstreuungen des suburbanen Lebens in White Plains hatte Matisyahu erstmals ausreichend Gelegenheit, in sich selbst hinein zu horchen und über die Wunder der Natur nachzudenken. Es war wohl das atemberaubende Panorama der Rocky Mountains, das Matisyahu die Augen öffnete und ihm die Kenntnis brachte: Es gibt einen Gott (im Original „G-d“).
Nach diesem „Colorado-Erlebnis“ nahm seine spirituelle Neugier überhand und Matisyahu unternahm seine erste Israel-Reise. Dort verspürte er zum ersten Mal in seinem Leben eine Verbindung zu Gott, ein Gefühl, dessen Existenz er in Colorado erstmals erahnt hatte. Israel war der Wendepunkt in seinem Leben. Er genoss die Zeit dort, betete, recherchierte und tanzte in Jerusalem. Mit dem Auskundschaften jeden Winkels und jeder Nische, die er entdeckte, erwachte seine tief im Innern schlummernde jüdische Identität zu neuem Leben und manifestierte sich in seinem Bewusstsein.
Israel den Rücken zu kehren erwies sich als weit schwieriger als erwartet. Zurück in White Plains tat sich Matisyahu schwer, seine neue Verbundenheit mit dem Judentum auszuleben. Entmutigt brach er die Highschool ab und folgte der Band Phish auf ihrer US-Tour. Auf dieser Reise dachte Matisyahu sehr ernsthaft über sein Leben, seine Musik und seinen unstillbaren Durst nach Judentum nach.
Nach ein paar Monaten kehrte er ausgebrannt und pleite nach Hause zurück. Seine Eltern bestanden nun darauf, dass er sein Leben in den Griff bekommen müsse und verordneten ihm den Besuch der „Wilderness School“ in Bend, Oregon. Die Schule hatte sich die Förderung künstlerischer Talente zur Aufgabe gemacht und Matisyahu nutzte die Zeit dort, um seine Musik voran zu bringen. Er vertiefte sich in Reggae und Hip-Hop. Er trat bei wöchentlichen „Open Mic“-Abenden auf, wo er sang, rappte und beatboxte. Er tat alles, was seiner Kreativität förderlich war. In dieser Zeit entwickelte er einen sehr speziellen Reggae-Hip-Hop-Sound, der später zu seinem Markenzeichen werden sollte.
Nach zwei Jahren in „Wilderness“ kehrte er, nunmehr 19jährig, als ein anderer Mensch nach New York zurück. Dort besuchte er die „New School“, wo er neben seiner Musik auch erste Schritte im Bereich Theater unternahm. In dieser Zeit kam er auch in die „Carlebach Shul“, eine Synagoge in der Upper West Side, die bekannt war für ihre Hippie-Affinität und überschwänglichen Gesang. Diese Begegnung weckte in ihm die Neugier und Faszination der mystischen Kraft des Liedes im chassidischen Judentum. Anstatt wie früher im hinteren Bereich des Klassenzimmers zu Beatboxen, verließ er nun das Klassenzimmer, um auf dem Dach der Schule zu beten (religiös oder nicht – Klassenzimmer waren nie wirklich sein Ding).
Während er an der „New School“ studierte, schrieb er ein Stück mit dem Titel „Echad“ (One). Es handelte von einem Jungen, der einen chassidischen Rabbi im Washington Square Park trifft und durch die Begegnung seine Religiosität entdeckt. Kurz nach der Aufführung des Stückes wiederholte sich Matisyahus Kunst in der Realität seines eigenen Lebens. Jahre nachdem der ursprüngliche Funke bei ihm gezündet hatte, traf Matisyahu im Park einen Lubavitch Rabbi, der die Wandlung von Matthew zu Matisyahu beschleunigte.
Als ein Mensch, der einst Autoritäten und Regeln sehr skeptisch gegenüber gestanden hatte, begann Matisyahu damit, den Lubavitch-chassidischen Lebensstil zu erkunden und letzten Endes für sein eigenes Leben zu übernehmen. Er lebte in der Disziplin und der Struktur des Judentums geradezu auf und bemühte sich, wo es nur möglich war, die jüdischen Gesetze einzuhalten. Die Frustration und die Verwirrungen seiner bisherigen Suche waren bald vergessen und heute, zwei Jahre später, lebt Matisyahu in Crown Heights, und verbringt seine Zeit zu gleichen Teilen mit Auftritten und dem Studium der Tora.
Musikalisch vereint er den Sound von Bob Marley mit dem von Shlomo Carlebach (berühmter deutsch-amerikanischer Rabbi und Songwriter), hat dabei aber seinen eigenen Stil gefunden. Seine Auftritte sind für alle Anwesenden ein zugleich erhebendes und beeindruckendes Ereignis. Selbst die größten Skeptiker überzeugt Matisyahu durch seine Fähigkeit, auch schwierige Inhalte wie Glaube und Spiritualität in seiner Musik zu thematisieren. (Text: Sony BMG)