Ob tatsächlich ein Superstar gefunden wird, wenn im deutschen Fernsehen danach gesucht wird. Dazu will ich mich gar nicht auslassen. In den USA funktioniert es jedenfalls, Talentshows im Fernsehen bringen durchaus Künstler hervor, die den Namen verdienen. Lorenzo Owens nannte sich früher Ren, erzielte damals jedoch nur bescheidene (immerhin vorhandene) Erfolge.
Als Antwort auf American Idol brachte die berühmte Talkmasterin Oprah Winfrey eine Show mit dem Namen „Oprah’s Pop Star Challenge“ auf die TV-Bildschirme. Mehr als 15.000 Demotapes gingen ein, Lorenzo Owens war unter den letzten drei Kandidaten. Den Wettbewerb gewann er nicht, der Sieg ging an LaShell Griffin (deren Debüt „Free“ ich auch sehr empfehlen kann!), doch durch seine Fernsehauftritte waren die Türen schließlich offen.
Passend zu seiner Geschichte heißt sein Solodebüt „After The Show“. Musste er sich bei „Oprah’s Pop Star Challenge“ dem Mainstream zuwenden, präsentiert er hier nun absolut kein Popalbum, sondern anspruchsvolle Premium-Ware, wie sie unter anderen Umständen ein Geheimtipp wäre. Tatsächlich ist „After The Show“ eher für den überschaubaren Kreis der anspruchsvollen R&B-Fans geeignet, wenngleich manche Titel bei entsprechender Vermarktung sicher vielen Menschen gefallen würden.
Das ist dann eine der guten Sachen von solchen Fernsehshows: Künstler bekommen Aufmerksamkeit, die sich später noch bei dem einen oder anderen Musikkäufer auszahlt. Das für mich Erstaunliche und besonders Erfreuliche ist, dass Lorenzo Owens als Kandidat einer Musikshow für den Massengeschmack anschließend ein künstlerisch wertvolles Album aufnehmen darf (die Gewinnerin übrigens auch). Wenn solche Shows tatsächlich nur eine Plattform sind, auf der die angehenden Künstler halt das liefern, was das Publikum von ihnen wünscht, im Anschluss indes nicht in eine Box gesteckt und dazu gezwungen werden auf dem Niveau weiter zu machen, dann finde sogar ich, dass solche Veranstaltungen eine prima Sache sind.
Mit „After The Show“ zeigt Lorenzo Owens ein gewisses Spektrum seiner Möglichkeiten, bedient in erster Linie (zu meiner Freude) jedoch die Freunde des romantisch, entspannten Souls, bei dem auch gelegentlich auflockernde Jazz-Elemente vorkommen (etwa wie bei Will Downing).
Der erfahrene Produzent Michael J. Powell verpasst dem Newcomer einen Sound, der manchen Track „wie von gestern“ klingen lässt. Wenn es so gut gemacht ist, ist das absolut kein Nachteil. Die weitgehend zeitlos klingende Produktion bewahrt davor, sich zu schnell an diesem Longplayer satt zu hören. Wer Modernität vermisst mag dem Album den Charme von Konserven zubilligen: lange genießbar, aber wirklich frisch schmecken sie auch nicht, wenn sie neu sind.
Sicher zeigt sich in der musikalischen Reife auch, dass Lorenzo Owens keine 20 mehr ist. Bei American Idol durfte er ja gar nicht mitmachen, weil die Altersgrenze mittlerweile bei 23 Jahren lag? da war er einfach mal drüber!
Ein Name lässt Soulfans aufhorchen: Tina Moore, die selbst schon einige Alben veröffentlicht hat, singt im Background. Echte Gastsänger sind nicht dabei, auch nach der Show, ist dieses Album weitgehend eine One Man Show, der beschaulichen Art. Auch bei den wenigen kräftigeren Tracks bleibt er immer gemäßigt genug, dass die CD etwa an einem romantischen Abend vom ersten bis zum letzten Lied durchlaufen kann.
FAZIT: „After The Show“ ist gleichermaßen für entspannte Stunden alleine und romantische Stunden zu zweit sehr gut geeignet. Etwas ganz Neues sollte niemand erwarten, Lorenzo Owen bringt schlicht soliden Sound für Erwachsene in sauberer Qualität.
Künstler: Lorenzo Owens | Album: After The Show | Label: D-Town | VÖ: 13. September 2006 (USA)