Eine der seltenen Spezies – den perfekten R&B-Song – hat Jaheim gleich als Ouvertüre voran gestellt und „The Chosen One“ zieht mit unwiderstehlichem Sog in den Schlund der elf Stücke. Von seinen perfekten Vorgängeralben wissen wir, dass keiner Soul mit dem besten von Hip-Hop enger verbinden kann als Jaheim.
Auch diesmal ist der Blanko-Scheck gedeckt, den ihm Kritiker und Fans eigentlich schon vor dem Abgabetermin des Masterbandes ausgestellt hatten. Die Songs haben stets etwas Hymnisches und fransen scheinbar in epische Breite aus, obwohl sie für Drei- bis Vier-Minutenportionen abgepackt sind. Jaheim’s neuer Geniestreich stellt sich damit in eine Reihe von hochkarätigen Rhythm & Blues-Platten in diesem Jahr; denn auch für die von mir bereits hoch gelobten LPs von Anthony Hamilton und Raheem DeVaughn greift der Terminus „Geniestreich“. Wenn überhaupt, dann lässt sich an den beiden Gastrappern herummäkeln.
Nichts gegen Jadakiss und Styles P, aber es gibt auch visionäre MCs mit höher gesteckten Zielen. Q-Tip, zum Beispiel. Aber das nur am Rande, denn sonst macht „Ghetto Classics“ seinem Name alle Ehre. Es ist eine Scheibe mit Material, welches das Zeug zum Klassiker hat. Eine, die man wieder und wieder – eigentlich immer – drehen kann. Und von dieser Spezies gibt es nun wirklich nicht viele.
Künstler: Jaheim | Album: Ghetto Classics | Label: Wb (Warner) | VÖ: 28. April 2006