Wie eine Mischung aus Teddy Pendergrass und Luther Vandross – das beschreibt seinen Sound und seine großartige Stimme gut, mit seinen Texten ist Jaheim Hoagtland von ihnen noch weit entfernt. Nicht zu vergessen, woher man kommt, kann eine gute Eigenschaft sein. Auch spricht nichts dagegen, nach „Ghetto Love“ und „Still Ghetto“ den dritten Longplayer „Ghetto Classics“ zu betiteln. Zumindest nicht, soweit es den ersten Teil des Names betrifft, Wiedererkennbarkeit ist nach vier Jahren ohne Veröffentlichung ganz besonders wichtig. Klassiker dürften die meisten Stücke allerdings nicht werden, auch wenn sie zunächst nach Klassikern klingen, weil munter Philly Sound gesamplet wird.
Zugute halten möchte ich dem Mann aus New Brunswick, New Jersey, dass er sich wohl selbst für so „Ghetto“ hält, dass er keine Legionen an Gastrappern für sein Album verpflichtet hat. Die The Lox-Mitglieder Styles P. (bei „Fiend“) und Jadakiss (bei der ersten Single „Everytime I Think About Her“) sind die einzigen ihrer Art auf diesem Longplayer. So können wir Jaheims Stimme umso mehr genießen, ist der Sound noch ein Stück wärmer als er ohnehin schon wäre.
Die Produktion ist vom ersten bis zum letzten Track exzellent, hebt diesen Longplayer von den aktuellen Arbeiten anderer R&B-Sänger deutlich ab. KayGee (der nicht rappende dritte Mann bei Naughty By Nature) hat sich – um die abgegriffene Formulierung zu verwenden – wieder einmal selbst übertroffen. Er ist definitiv der richtige Produzent für echte Klassiker! Schade, dass Jaheims Texte, von Ausnahmen abgesehen, meist nicht dieses Niveau erreichen! Dafür bleibt der Mann stets glaubwürdig. Man nimmt ihm nicht nur ab, was er singt. Er verzichtet vor allem auf Inhalte, die offensichtlich weit über seine Erfahrung hinausgehen, wie dies bei einigen jungen R&B-Talenten oft zu beobachten ist.
Erstaunlich gut angepasst hat sich „Megaproduzent“ Scott Storch, der „Forgetful“ so produziert hat, dass man es auch für eine KayGee-Produktion halten könnte; weitere Produzenten für das dritte Album von Jaheim sind Bink und Eric Williams (BLACKstreet).
Da einige Songs doch ziemlich ähnlich klingen, frage ich mich, ob „Ghetto Classics“ deshalb nur eine Spielzeit von rund 43 Minuten aufweist, weil den Jungs nicht mehr eingefallen ist. Nach vier Jahren Pause hatte ich ein extra langes Album erwartet. Funktioniert hat es trotzdem: Beide Vorgänger waren in den Top 10 der US R&B Charts, doch mit „Ghetto Classics“ gelang es Jaheim, von 0 auf 1 einzusteigen. Bei aller Kritik: Da gehörte es auch hin, denn die Stärken sorgen in der Schlussbilanz für ein dickes Plus in der Wertung.
Künstler: Jaheim | Album: Ghetto Classics | Label: Wb (Warner) | VÖ: 28. April 2006