„New York war Jazz für den Kopf; Los Angeles Jazz für die Seele“, sagt Till Brönner, der sein neuntes Soloalbum in Hollywood produzierte. „Oceana“ (Verve/Q-rious Music) enthält ein Dutzend ruhige Stücke zum Seele baumeln lassen, denn entspannt wie nie stößt der Berliner Trompeter ins Horn. Da freuen wir uns auf die große Herbstournee, die am 30. Oktober im Leipziger Gewandhaus beginnt. Weitere Stationen sind u.a. Göttingen, Ingolstadt, Berlin, München, Hamburg, Düsseldorf und Hannover. Am 16. November schließt Brönner seinen Auftrittsmarathon mit einer Show in Saarbrücken ab. Der vielbeschäftigte Trompeter hat auch mitgewirkt am neuen Album von Madeleine Peyroux. Songs zwischen Jazz und Singer/Songwriter machen „Half The Perfect World“ (Emarcy/Rounder/.bkw) zu einem mehrheitsfähigen Thema, das sich Fans von Norah Jones anstelle des zweiten Albums von Norah Jones hätten eintüten lassen sollen.T-Pain’s Hit „I’m Sprung“ leitet das Comeback des Vocoders ein, den seit Roger Troutman von Zapp niemand mehr so erfolgreich nutzte. Der Musiker aus Tallahassee geht mit einem poppigen Mix aus R&B und ein wenig Rap auf seinem Debüt „Rappa Ternt Sanga“ (Konvict Music/SMARIS) ein geringes Risiko ein. Viel Melodie ist mit ihm Spiel um die Gunst der – vor allem – weiblichen Anhänger.
Für die wenigen heftigen Momente sorgen die YoungBloodZ, die sich tatsächlich so schreiben und weitere Botschafter des SUV-tauglichen Hip-Hops aus Atlanta sind. Auf „Everybody Know Me“ (LaFace/BMG) zünden die beiden ein Rapfeuerwerk auf Beats von Mannie Fresh und Jazze Pha. Da weiß man, was man bekommt und beim Hit “Presidential“ kann jeder „Presidential Shit – George Bush“ mitbrüllen – Jonathan ´Lil‘ Jon´ Smith hat dafür einen ebenso genialen wie simplen Loop gelötet. Etwas subtiler und feinsinniger geht Oh No auf „Exodus Into Unheard Rhythms“ (Stones Throw/PIAS) zu Werke. Er baute sein Konzeptalbum vorwiegend aus Samples von Galt MacDermot, dem Komponisten des Musicals „Hair“. Der weiße Mann im gesetzten Alter gewährte dem Kalifornier dafür exklusiven Zugang zu seinem Fundus. MC’s wie Murs und De La Soul’s Posdnuos reimen darüber – durchaus interessant, aber die Zuhörerschaft dürfte begrenzt sein.
Dieses Schicksal wird auch Ann Nesby ereilen. Die erste Leadsängerin der Sounds Of Blackness bringt stimmgewaltig große Songs aus Gospel und Soul zum Besten. Ann Nesby Is Definitely „In The Spirit“ (Shanachie/Just Records Babelsberg), ihr Album hält an Traditionen fest und bildet einen Gegenpol zu Künstlern wie Kirk Franklin. Wer so singen kann wie die Nesby, der arbeitet mit Klassikern wie Bill Withers’ „Grandma’s Hands“ allerdings wie ein Trapez-Artist mit Sicherheitsleine und doppeltem Boden. Der Spätsommer bietet ansonsten Nabelschauen en masse: Bluey und die Künstlerschar im Umfeld drücken Material in Überlänge in den Markt.
Auf „Feed Your Soul: Incognito & Rice Artists Remixed“ (edel) umschreibt der Titel eigentlich alles. Wir ergänzen, dass vor allem Incognito-Aufnahmen jüngeren Datums in House-Mixes gekoppelt sind – abgerundet von feinen Songs von Maysa Leak, Inner Shade und dem Benefizprojekt Hope Collective. Der Österreicher DJ Arno Stürmer kredenzt die dritte Zusammenstellung von raren Grooves, die viel cooler ist als sein DJ-Name. „Soul Sugar Vol. 3“ (SONY BMG Austria) hält zu jedem der 20 Stücke eine kleine Geschichte parat, die Künstler sind sowohl jedem bekannt als auch gänzlich unbekannt. Bei unseren Wiener Soulbrüdern sind die Oldies cluberprobt und werden dort immer sonntags gefeiert.
Eine ähnliche Zielgruppe bedient auch Jazzanova. Das Berliner DJ-Kollektiv hat für die vier Vinyle von „Blue Note Trip 5: Scrambled / Mashed“ (EMI) in den Tiefen des berühmten Jazzlabels gefischt und Lange nicht mehr-/Noch-nie-Gehörtes an Land gezogen. Zum Schluss decken wir noch auf, dass die Reggaeton-Welle mitnichten in Puerto Rico ausgelöst wurde, sondern in einem von Deutschen geliebten Urlaubsland ihren Ursprung hat. Aus der Dominikanische Republik stammt die Bachata, die – wir verkürzen aus Platzgründen – irgendwann zu „Gasolina“ mutierte. Der Sampler „!.Ahora..!!!..Reggaeton Los Mejores“ (Bachatiando/In-Akustik) belegt die These mit 17 akustischen Beweisstücken, die nebenbei auch Lebensfreude und –art der Karibik spiegeln.