„Wenn der weiße Mann nach Hause kommt, und die Bude ist leer, die Frau weg – denkst du etwa, der weiße Mann kriegt nicht den Blues?“, hat Rufus Thomas mal gesagt. Und Walter Trout and Friends haben den (elektrischen) Blues! Das fühlt sich bereits bei den ersten Takten von „Full Circle“ (Ruf Records) richtig gut an. Nach fünfjähriger Studiopause gibt es endlich wieder ein Album – mit prominent besetzter Gästeliste: John Mayall ist dabei, Jeff Healey, Bernard Allison – und die sorgen für viel Power – da vergisst man(n) schnell den Blues …Ebenfalls eine gut bestückte Liste findet sich auf „The Cover Art Of Blue Note Volume 2“ (Blue Note Records) – aber die vorwiegend aus dem Jazz stammenden Various Artists wie Cassandra Wilson und Norah Jones schlagen eher verhaltene und leise Töne an. Bekanntes Liedgut wie Marley’s „No Woman, No Cry“, Mayfield’s „Man’s Got Soul“ und Wonder’s „Boogie On Reggae Woman“ wird verjazzt – eine Platte für die späten Stunden des Tages.
„Feels Good“ heißt das neue Album von Take 6, das erstmals unter Eigenregie auf Take 6 Records/BHM Prod. veröffentlicht wird. Der Name ist Programm, denn Wohlfühlen ist angesagt, wenn das Artistensextett seine Akrobatik zwischen Gospel, Doo Wop und Jazz trainiert. Das ist Black Music vom Feinsten von vorn bis hinten. Am Ende wird die Feel-Good-Stimmung durch eine a capella-Version von Marvin’s „What’s Going On“ featuring Brian McKnight noch verstärkt.
Ein Namensvetter von Anthony Hamilton wandelt auch musikalisch auf dessen Spur. Anthony David aus Georgia gibt auf „The Red Clay Chronicles“ (Dôme Records) ebenfalls den netten country boy von nebenan, seine souligen Songs schwingen locker wie Klassiker aus der Feder von Bill Withers, ohne den Meister nur zu kopieren. Einige Ausflüge in clubbiges Terrain wollen zu dem Freund von India.Arie nicht passen, aber der Löwenanteil der 16 Stücke von Hamilton’s zweiter LP überzeugt.
Remember „I Am Somebody“? Glenn Jones, der 1982 damit einen funky Smash-Hit platzieren konnte, der längst zum classic geworden ist, macht sich ein Geschenk. Er hat für „Forever“ (Shanachie/Just Records Babelsberg) sein Lieblingssongs aus R&B und Soul zusammen getrommelt und liefert die Falsettvarianten von „Anniversary“ bis „Another Sad Love Song“. Das umstritten bleibende Thema, wie viel Cover ein Song verträgt, ist alt, hat aber bei Glenn Jones funktioniert.
Amp Fiddler, der einen festen Job bei Funkadelic in der Vita stehen hat, wagt sich auf „Afro Strut“ (Genuine/PIAS) wieder sehr weit aus der Retro-Deckung für eine nach vorn weisende Mischung aus Funk, Jazz und Soul. Die garantiert Party auf hohem Level und in den Clubs dürfte der kraftvolle Uptempo-Reigen für durchgeschwitzte Shirts, strähniges Haar und glückliche Gesichter sorgen.
Einfach nur kaufen und immer wieder hören, denn über diese Reihe haben wir bereits alles geschrieben, was zu sagen ist: „Brown Sugar Presents Can’t Hide Love“ (Brown Sugar/ZYX) und damit ein weiteres Dutzend zeitlos schöne alte Musik. Auf dem 9. Groove-Manifest dabei: die Funk-Bombe „Funked Up“ von Gary Bartz und ein seltenes Earth, Wind & Fire-Cover von Carmen McRae.
Ebenfalls aus der scheinbar unerschöpflichen Raritätentruhe kommt The Sisters Love mit „Give Me Your Love“ (Soul Jazz Records). Die vier Ladies erinnern entfernt an The Three Degrees und machen eine Art Pre-Disco-Sound. So richtig bekannt waren sie nie, wenn überhaupt, dann werden sich ältere Semester an „Give Me Your Love“ erinnern. Ein ´digges´ Thema also für Jäger und Sammler.
Cassie stürmte mit „Me & U“ die Playlists der deutschen Club-DJs, bevor in ihrer Heimat USA jemand davon Notiz nahm. Dass sich das ändert, dafür sorgt Diddy, der die junge Sängerin für sein Bad Boy Nextselection-Label unter Vertrag nahm. Dort erschien auch das selbstbetitelte Debüt „Cassie“ (Warner Music Germany), auf dem Cassie ungemein sicher melodischen R&B präsentiert. Ob zufällig, bewusst oder gar von Mentor Diddy gesteuert – vom Stil erinnert sie ein wenig an Aaliyah; und die Lücke, die durch deren Tod gerissen wurde, ist noch nicht geschlossen …
Ein Labelmate von Cassie fährt schweres Geschütz auf. Yung Joc rappt auf „New Joc City“ (Bad Boy South) über ein Gewitter aus Südstaaten-Beats – er schiebt das Album dem Smash “It’s Goin’ Down” nach. Den Fans von Lil’ Wayne, Lil’ Jon und der Three Six Mafia ist es durchaus zu empfehlen.