Ungezählt sind die Soul- und R&B-Sänger und Sängerinnen, die in ihrer Jugend Gospel gesungen haben. Zum Glück bleiben einige auch gleich dort so wie CeCe Winans, was angesichts ihrer Zugehörigkeit zum Winans-Clan auch sehr förderlich für ihre Karriere ist.
Ein reine Gospelkünstlerin ist CeCe Winans eh nicht, auch diesmal folgt gibt sie sich nicht traditionell, sondern hat viele R&B- und Pop-Elemente in ihrem Sound, obwohl der Titel „Purified“ zunächst das Gegenteil indizieren mag.
Für Europa passt es nicht so gut, für ihre Heimat allerdings schon: „Purified“ ist Gospel für ein sehr breites Publikum, wie man das etwa auch über die Musik von Michelle Williams von Destiny’s Child sagen kann. CeCe Winans Stil auf „Purified“ lässt sich aber eher mit dem von Whitney Houston vergleichen, was auch als Lob für ihre beeindruckende Stimme gemeint ist. In den USA mit seinem großen Markt für christliche Musik lässt sich zwar auch mit Gospel Karriere machen, doch mit dieser Stimme und einer so massenkompatiblem Produktion wie dieser (nur dann mit anderen Vorzeichen) könnte sie regelmäßig die Spitzenplätze der Hot 100 erobern.
Im Team ist auch Keith Thomas, der altbekannte Produzent und Songschreiber aus den Tagen, in denen CeCe mit ihrem Bruder BeBe als Duo gearbeitet hat. Einen der stärksten Tracks hat ihr Neffe Mario Winans (bekannt vor allem durch seine Single „I Don’t Wanna Know“ [Bad Boy Records]) produziert: „Pray“ hat das Potenzial, auch die R&B-Hörer zu begeistern, die sonst nie Gospel hören.
Ähnlich mitreißend ist „Let Everything That Has Breath“, das mich streckenweise stark Darkchild-Tracks von Toni Braxton erinnert, doch Rodney Jerkins ist in der Liste der Mitwirkenden nicht zu finden. Noch stärker wird die Ähnlichkeit zu Toni Braxton bei „I Promise (The Wedding Song)“. Selbst nach dem zehnten Hören des Liedanfangs erwarte ich irgendwie immer noch, Toni Braxtons melancholische Stimme zu hören. Im weiteren Verlauf des Songs „kippt“ die Stimmung bei aller Dramatik doch ins Positive. Ich wünsche mir selten, wenn ich ein Lied höre, dafür einen anderen Interpreten, doch auch wenn mich „I Promise (The Wedding Song)“ zu Tränen rührt, wünsche ich mir, dass Toni Braxton daraus einen ihrer heftigen Herz-Schmerz-Songs macht.
Bei „A Place Like This“ – der wildesten Nummer auf dem ganzen Album – ist übrigens ein Sample ist aus dem Track „Heaven“ ihres Bruders zu hören – warum auch nicht, es bleibt ja in der Familie…
Auf „Purified“ versteht es CeCe Winans sowohl Traurigkeit als auch Begeisterung hervorzurufen; einfache Heiterkeit gehört ebenso zum Spektrum wie etwa bei „Colorful World“, was inhaltlich allerdings schon etwas einfältig erscheint.
Hört man „Purified“ vom ersten bis zum letzten Track ist es ein Wechselbad der Gefühle, was schön sein kann. Als musikalischer Stimmungsteppich im Hintergrund eignet sich dieser Longplayer deshalb nicht. Dafür wählt man sich am besten die jeweils passenden Stücke aus und macht sie zu einem Teil von entsprechenden Sammlungen oder Playlisten.
Schwache Tracks gibt es auf diesem Werk höchstens mit Blick auf das besondere Talent der Künstlerin, nicht jedoch für sich betrachtet.
Künstler: CeCe Winans | Album: Purified | Label: Smd Epc (Sony BMG) | VÖ: 18. November 2005