Wie schön hätte es werden können, aber das ist es nicht geworden. John Legend hatte mit seinem Major Label-Debüt „Get Lifted“ eine Menge Menschen beeindruckt, die für sich selbst in Anspruch nehmen, einen anspruchsvollen Musikgeschmack zu pflegen. Acht Nominierungen bei den Grammys, drei Preise davon gewonnen, es sah danach aus, als ob der Mann aus Springfield, Ohio nach vielen Jahren der Anstrengung tatsächlich mit Qualitätsmusik seinen Weg gehen könnte.
Und nun? Kaum zu glauben, dass ich das schreibe, aber: John Legend hätte sein „Once Again“ mal mehr so klingen lassen sollen wie den Vorgänger, denn der war rundherum gut gemacht.
Überraschend anders klingt John Legend diesmal nicht besser, auch stimmlich nicht. Zu viel Rock und Pop als Einflüsse, zu wenig harmonisch und nicht mit genügend neuen Ideen ausgestattet, überzeugt mich dieser Longplayer im Ganzen nicht.
Einzelne Songs klingen angenehm, die meisten sind sehr professionell produziert, doch einem schlechten Song nützt handwerkliches Können oder Erfahrung nur bedingt. Es fließt einfach nicht, es plätschert, die Mischung macht’s – oder halt nicht!
Wer von „Get Lifted“ begeistert war, sollte dem Nachfolger dennoch mehrere Runden im Player geben, denn so schlimm wie beim Ersten hören ist es bei weiteren Durchgängen gar nicht mehr. Es gilt aber auch: Wer Produzenten wie Kanye West, Macy Gray, Kelis, The Roots, Craig Street, Me’Shell Ndegeocello, Cassandra Wilson, Raphael Saadiq und Will.I.Am im Rücken hat, müsste – wenn er selbst doch so begabt ist – spürbar mehr zustande bringen – genau da krankt das Album, zu viele Stellen kann ich nicht spüren. Vielleicht ist es hinter dem Rücken von John Legend auch zu eng geworden. Zu viele Köche…zu viele Produzenten…?!
Mir anzumaßen, einem Künstler seinen Job erklären zu wollen, kommt für mich nicht in Frage, doch ganz eindringlich möchte ich ihn öffentlich bitten, sein Talent nicht so zu verschwenden. Der letzte Track „Coming Home“ belegt, dass John Legend noch weiß, wie man richtig gute Songs macht – eingängig, einfach, eindringlich vermittelt seine Stimme – hier endlich klar im Vordergrund! – Traurigkeit, auf die ich mich gerne einlasse. Hier zeigt sich dazu, wie ein Song unkompliziert und clever gebaut sein kann, wie das Einfache mit dem gewissen Extra kombiniert werden kann, um einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen.
Die Idee, sich für ein gewisses Retro-Feeling nicht nur bei den Wurzeln des Soul zu bedienen, sondern auch anderswo, ist es nicht, die eine gute Wertung verhindert. Es ist viel einfacher: „Once Again“ fehlt es an Soul und an Profil. Da hilft es nicht, dass dieses Album sich von denen anderer Künstler klar abhebt, das reicht nicht, um einen eigenen Stil zu definieren geschweige denn für ein in sich stimmiges Gesamtbild.
Damit man mich nicht falsch versteht: Etwas mehr Abwechslung und Mut zum Experimentieren wäre schon auf dem großartigen „Get Lifted“ nicht verkehrt gewesen; gute Absichten alleine reichen nicht, gut machen gehört dazu. Hier leider nicht.
Weitere Besprechungen zum Album: 1. Besprechung / 2. Besprechung / 3. Besprechung
Künstler: John Legend | Album: Once Again | Label: Smi Col (Sony BMG) | VÖ: 24. Oktober 2006 | Album des Monats: November 2006