„Sold crack, got jacked, got shot, came back, jumped on Dre’s back“ rappt The Game im Track „Westside Story“ und fasst so schon einen wesentlichen Teil seiner Biografie zusammen. Hip-Hop Stars und ihre kriminelle Vergangenheit, die sie selbst gerne als Street Credibility verkaufen, sind ein schwieriges Thema mit Blick auf ihre wichtigste Zielgruppe: junge Menschen.
The Game gehört schließlich nicht zu denen, die gleich am Anfang mit Reue zurückblicken und andere aus eigenen Fehlern lernen lassen wollen – mit „If you take a look in my eyes, You see i’ll be a gangsta till I die“ wird das deutlich.
Welche Botschaft sich in den Köpfen der Konsumenten festsetzt, hängt am Ende allerdings von ihnen selbst ab. Nicht Zensur, sondern eigenständiges Denken ist gefragt, so wird The Game für mich zu einem Verteidiger der Meinungsfreiheit. Allerdings sollte eines klar sein: Niemand kauft „The Documentary“ wegen der Texte, dafür sind sie nicht stark genug, sondern wegen der Beats und der hervorragenden Produktion, da haben Kanye West, Buckwild, Timbaland, Hi-Tek, Just Blaze, Scott Storch und die anderen wieder bewiesen, warum sie einen so gut Ruf als Producer genießen. Dr. Dre und 50 Cent als für das Album Gesamt-Verantwortliche sorgen außerdem für eine Menge Vorschuss-Lorbeeren.
Sein Debüt-Album als Chronik zu bezeichnen, irritiert, hat aber immerhin einen soliden Grund: Es geht darum, wie Jayceon Taylor alias The Game gelernt hat, das Spiel zu spielen und seinen Vorteil daraus zu ziehen. Wen interessiert es am Ende noch, ob er von Glück reden kann, dass Gangsta Rap wieder schwer gefragt ist oder er die Geschichten aus seiner persönlichen Vergangenheit genretypisch übertreibt?
Eine Menge Spaß bringt die immense Kraft, die in erster Linie aus den Beats stammt, durch die Vocals aller Beteiligten allerdings glänzend unterstützt wird: Kommerzielle Rap-Musik feiert hier einen ihrer Höhepunkte, ich kann die vielen Dollars, die unzählige brave Bürger für einen Hauch von Wildheit und Aufstand gegen den Alltagstrott dafür ausgeben, fast schon durch die Lautsprecher riechen.
Und darum geht’s ja letztlich auch: um das Spiel mit Gangster-Fantasien, nicht um Vorbilder fürs eigene Leben, sondern um einen Ausgleich, der die Seele reinigt, um in der überreglementierten modernen Gesellschaft den Verstand nicht zu verlieren und am Ende dann doch noch selbst gewalttätig zu werden.
Mit „Like Father, Like Son“, mit dem The Game „The Documentary“ abschließt, geht’s dann inhaltlich allerdings doch weit tiefer, als ich es am Anfang erwartet hatte. Geradezu erschreckend verantwortungsvoll.
Künstler: The Game | Album: The Documentary | Label: Aftermath / Interscope / G Unit | VÖ: 24. Januar 2005 | Album des Monats: April 2005