Zum Mikrofon zu greifen, um es selbst besser machen zu wollen, ist ein guter Grund, Musik aufzunehmen. Mit der aktuellen Entwicklung in R&B und Soul sind Rheel Menn nicht zufrieden. Für ihren Geschmack wird Sex zu anschaulich beschrieben und sind die Botschaften in der Musik zu oft gesellschaftsschädlich.
Sich rückwärts zu orientieren muss kein Nachteil sein, schon gar nicht, wenn sich eine Band in der Tradition von Gruppen wie den Temptations und den Miracles sieht. Vor allem aber folgen Rheel Menn damit ihrer eigenen Tradition und den Werten aus ihrer eigenen Jugend, denn Newcomer sind die fünf Männer aus Philadelphia längst nicht mehr: Schon in den 70er Jahren wurden sie übersehen, früher nannten sie sich The Coalitions und dann The Ol’ Heads.
Der zweite Name der Gruppe sagt viel über die Motivation ihrer Mitglieder aus. Sänger Tony Anderson erinnert sich gern an seine Kindheit, als an den Straßenecken überall Gruppen gesungen haben, was jetzt nicht mehr der Fall ist. Damals gab es in den Gangs auch meist ein etwas älteres Mitglied, von dem die jüngeren lernen konnten, jemand, der ihnen beibrachte, was in Ordnung ist und was nicht. So jemand wurde als „Ol’ Head“ bezeichnet. Orientierung geben mit positiven Vorstellungsbildern, das wollen Rheel Menn mehr denn je.
So ist der neue Band-Name auch keine Abkehr, sondern eine Verstärkung ihres Anliegens, jungen Menschen ein Wegweiser zu sein, eben richtige Männer, an denen die Jugend sich orientieren kann – zu ihrem Vorteil.
Ob sie mit ihrem Sound allerdings diejenigen erreichen, die besonders Vorbilder benötigen, darf bezweifelt werden. Dafür klingen Rheel Menn nicht modern genug, es ist schwer, ihre Musik einer bestimmten Zeit zuzuordnen, was auf lange Sicht natürlich den Vorteil hat, dass sie nicht schnell dem Geschmackswandel zum Opfer zu fallen.
Zeitloser Soul mit anspruchsvollen Texten und Synthesizer-domierten unaufdringlichen Klängen wie Rheel Menn ihn auf „Keepin It Rheel“ zu Gehör bringen, ist vor allem etwas für langjährige Soul-Kenner. Bei diesen dürften sie es aber deshalb ein wenig schwer haben, weil die Produktion des Albums nicht eben Spitze ist. Hier macht sich einfach bemerkbar, dass Rheel Menn nicht bei einer der wenigen ganz großen Plattenfirmen unter Vertrag stehen, die technisch und personell ganz andere Möglichkeiten haben, um ein Album besser klingen zu lassen.
Für diejenigen, die zarten Soul mögen, der unaufdringlich und meist langsam ist, kann ich „Keepin It Rheel“ dennoch empfehlen.
Künstler: Rheel Menn | Album: Keepin It Rheel | Label: Fresh Start Records | VÖ: 22. März 2005