Ich gebe offen zu, dass mich ein Cover wie das zu dieser CD schon mal so erfreut, dass ich dem Album mit größtem Wohlwollen begegne. Dennoch war ich beim ersten Hören sehr skeptisch – bis ich zu den Slow Jams kam. Die hatte ich – vor allem von solcher Qualität – bei diesem Foto nicht erwartet. Damit relativiert sich der Bonus der scharfen Aufmachung also schon wieder.
Der extrem synthetisch klingende Einstieg mit „My Way“ gefällt mir im Kontext gut, weckte beim ersten Hören jedoch keine hohen Erwartungen. Nicht viel anders klingt der Anfang vom zweiten Song „Pick Me Up“, der sich dann allerdings angenehm von der Geschwindigkeit nach unten und der Qualität her nach oben entwickelt. Ist aber nichts Besonderes.
Cool und mit Hitpotential ausgestattet ist „Bangin’“, der (auf kommerzielle Art) sehr smart wirkt. Mit Track 4 „If You Love Her“ kommt dann endlich das große Talent der Künstlerin zur Geltung. Nicht nur bei dieser Nummer muss man allerdings ihren Gesangsstil, der sich manchmal an der Grenze zu Flüstern und Hauchen bewegt, mögen. Bei diesem Lied entfaltet sich eine entspannt-heitere Stimmung, die sich sehr vom ersten und dritten Track abhebt. Für Abwechslung weiß Nina Shaw zu sorgen!
„Keep Him“ greift die Stimmung aus Nummer 4 auf und groovt beispielhaft im Midtempo-Bereich. Plump und – soweit es meinen persönlichen Geschmack betrifft – wenig überzeugend wirkt der Partytrack „Ready“, die Elemente des Songs passen nicht so toll zusammen.
Ganz anders dagegen „I Saw You“, der clever gebaut ist und bei dem Nina Shaw stimmlich glänzt. Um so überraschter kann man nach diesem Lied über das sich anschließende „Home Again“, das mit einen A Capella einsteigt, sein. Sehr ruhig und von einer bleiernen Traurigkeit, die ihr freizügiges Äußeres auf dem Titelbild nun wirklich nicht vermuten ließ. Dieser Track war es, mit dem Nina Shaw mich als Künstlerin überzeugt hat.
Beschaulich wirkt „Lips“ in seiner unspektakulären, unaufgeregten klaren Linie und – da ist er schon wieder! – dem Schwermut. Dieser Song ist nichts zur Beschallung neben der Arbeit, darauf muss man sich schon einlassen, um ihn genießen zu können. Darauf folgt, sich prima an die Stimmung des vorigen Songs anfügend, der Slow Jam „What I Need“, der verträumt und leidenschaftlich den Schwermut des vorigen Tracks sanft wegspült. Mit einem weiteren gefühlvollen, langsamen Lied – dem Titeltrack „For You“ – geht das Album dann auch schon zu Ende.
Das wohl noch weithin unbekannte Label MIG verdient großes Lob für diese mutige, eben nicht mainstreamige Mischung modernen R&Bs. Ungewöhnlich ist nicht nur die Song-Mischung, sondern auch, wie sehr die körperlichen Vorzüge einer Sängerin mit einem Album mit überdurchschnittlichen musikalischen Qualitäten betont werden. Meinetwegen kann das gerne Schule machen! Vermutlich denkt man bei MIG weniger konventionell als bei den Big Playern im Biz.
Sehr konventionell allerdings liest sich die Biographie der jungen Künstlerin aus Detroit: Gesungen und aufgetreten ist Nina Shaw schon als Kind im Kirchenchor, den sie angeblich im Alter von 9 schon geleitet haben soll. Mit 12 gewann sie den ersten von vielen Talentwettbewerben (Gesungen hat sie bei dem Contest übrigens den Karen White-Hit „Superwoman“.) Vom ersten Wettbewerbssieg bis zur Veröffentlichung ihres Debütalbums im Februar 2005 vergingen allerdings noch rund 10 Jahre, aber nun ist sie zum Glück mit ihrem eigenen Longplayer präsent. Zugreifen!
Künstler: Nina Shaw | Album: For You | Label: MIG | VÖ: 27. Juni 2005