Wenn jeder Künstler etwas von Mario lernen kann, dann ist es wohl, wie entscheidend die erste Single für den Erfolg des Longplayers sein kann: Mit „Let Me Love You“ gelang es Mario, an die Spitze verschiedener Charts in den USA zu kommen und sogar einen Rekord dabei aufzustellen, wie viele Menschen das Lied innerhalb einer Woche in den USA gehört haben (rund 190 Millionen).
Leider hält „Turning Point“ nicht ganz, was „Let Me Love You“ verspricht: reifen, warmherzigen Soul mit Stil. Dafür gibt es guten, kommerziellen R&B für Radio und Party. Damit hat er die Chance vertan, zu einem Favoriten der erwachsenen Black Music-Fans zu werden – was er mit seinen (im Veröffentlichungszeitpunkt) 18 Jahren aber auch nicht muss. Vielleicht ist es klüger, auf diese Schiene erst später zu wechseln und zunächst die vielen jungen CD-Käufer für sich zu gewinnen.
Musikalisch liegt Mario mit seinem „Turning Point“ irgendwo zwischen Chingy und Anthony Hamilton – wenn wir noch einen Vergleich wagen wollen: So wie Houston mit seinem „It’s Already Written“-Album diejenigen verwirrt hatte, die mehr Songs wie „I Like That“ erwartet hatten, ist das auch bei Mario, nur umgekehrt…
Doch auch wenn Mario auf kommerziellen Sound setzt, mangelt es „Turning Point“ nicht an Qualität, sondern überzeugt diese CD gerade dadurch, dass bei aller Ausrichtung auf ein großes Publikum die Latte – zumindest musikalisch – an keiner Stelle zu tief gehängt wird. Die Lyrics wären ein anderes Thema.
Allerdings möchte ich damit nicht „Nikes Fresh Out The Box“ kritisieren, in denen Mario davon singt, dass es das Großartigste in der Welt sei, ein paar neue Nike-Turnschuhe, Modell „Air Force One“, das erste Mal auszupacken und anzuziehen – und von da ansetzend seine Bewunderung für ein Mädchen ausbreitet, indem er sie damit vergleicht. Strange? Kreativ! Und seine Markenturnschuhe in den Himmel zu loben, ist einfach auch viel authentischer für einen Teenager als allzu weise Worte der Liebe zu säuseln.
Zudem ist „Turning Point“ nun einfach kommerzieller R&B – also sollte der entsprechende Maßstab angelegt werden. Der Schritt mit den Turnschuhen ist ein kluger Schachzug, weil er nicht nur die junge Zielgruppe genau dort trifft, wo ihr Herz schlägt, sondern Mario vermutlich die nächsten Jahre seine Turnschuhe nicht mehr wird bezahlen müssen…im Ernst: Ich wäre sehr überrascht, wenn sich daraus nicht noch ein Deal mit dem Hersteller ergäbe.
Für den Moment zeigt Mario der Konkurrenz, wie cool moderner R&B sein kann und dass eine gewisse Eleganz der Coolness keinen Abbruch tut, im Gegenteil!
Künstler: Mario | Album: Turning Point | Label: j-Records | VÖ: 30. November 2004