Der schwedische Gitarrist Georg „Jojje“ Wadenius, dessen Name hierzulande vermutlich eher den beschlageneren Spezialisten etwas sagen dürfte, ist eine Musikerpersönlichkeit mit beeindruckender Geschichte. Der 1945 in Stockholm geborene Künstler begann im Alter von 14 Jahren mit dem Gitarrenspiel; zu seinen frühesten Einflüssen zählt er u. a. Jim Hall, Wes Montgomery, Jimmy Raney und Rune Gustavsson, später dann Eric Clapton, Jimi Hendrix, George Benson, John McLaughlin, Larry Carlton und Steve Lukather. 1968, nachdem er einen erstgemeinten Versuch dem Studium der Medizin gewidmet hatte, wandte Wadenius sich der Musik in professioneller Form zu.
Gleich sein erstes Projekt, das Trio ’Made In Sweden’, erwies sich im Nachhinein als eine der einflussreichsten Underground-Formationen jener Zeit; 2 der insgesamt 4 Aufnahmen der Band erhielten (1969 und 1970) einen Grammy in Schweden. Wadenius arbeitete zu jener Zeit außerhalb seines Trios vorwiegend als Session-Bassist für einige seiner Landsleute und betätigt/e sich darüber hinaus auch schon recht früh im Verlauf seiner Karriere erfolgreich als Autor von Musik für Kinder sowie, später, für Kinderprogramm/e im Fernsehen.
Eine wichtige Episode seiner Laufbahn war die Einladung nach New York durch die legendäre Rockband Blood, Sweat and Tears im Jahre 1972. Wadenius blieb dreieinhalb Jahre bei der Truppe, tourte mit ihnen und war bei den Aufnahmen der Alben „New Blood“, „No Sweat“, „Mirror Image“ und „New City“ dabei. Während dieser Periode spielte er auch für Joe Henderson, u.a. auf dem Album „Black Is The Color“. Er kehrte 1976 nach Schweden zurück, wo er (neben einem weiteren Kinder-Album) ’Made In Sweden’ reinkarnierte („Where Do We Begin“) und sein erstes Solo-Album einspielte, das schlicht seinen Namen trug. Schon 1978 zog es ihn zurück nach New York, wo er u.a. der Gitarrist der NBC Saturday Night Live Band wurde und in dieser Funktion mit Künstlern wie Dave Sanborn, James Brown, Robert Plant, Marianne Faithful u.v.a. performte.
Während der 80er Jahre zählte der fingerfertige Schwede zu den gefragtesten Sessiongitarristen in NYC. Durch eine Tour mit Roberta Flack lernte er Luther Vandross kennen, für den er dann wiederum einige Alben mit einspielte, was wiederum zu Mitarbeiten bei Aretha Franklin, Diana Ross und Dionne Warwick führte. So ging es weiter; er tourte mit Simon & Garfunkel durch Japan und Europa, wurde ’nebenher’ auch erfolgreich als Autor von Werbemusik/en (für Kunden wie Burger King, McDonalds, Hanes, Diet Coke, Coor’s Light, A.T&T., Max Factor, Old Spice, u.v.m.) und releaste 1987 schließlich ein weiteres Solo-Album unter dem Titel „Cleo“.
Zusammenarbeiten mit Donald Fagen und Michael Frank markierten den Übergang in die 90er Jahre, die für Wadenius weitere Kooperationen mit Donald Fagen sowie Jeffrey Osborne, Freddie Jackson, Johnny Gil, Keith Washington, Anita Baker, Dr. John, Joe Thomas, Kenny Lattimore, Luther Vandross, u.v.a. brachten, u.a. tourte er mit Steely Dan („Alive In America“). Und, man höre und staune, wurde sogar für die Backstreet Boys-Single „Show Me The Meaning Of Being Lonely“ geholt. Seit Ende der 90er arbeitet er auch als Produzent, u.a. für Lisa Ekdahl, Silje Nergaard („At First Light“ 2001, „Nightwatch“ 2003) und Anne Grete Preus aus Norwegen. Dieser Tage pendelt Wadenius zwischen Amerika und Schweden; in seiner Heimat performt/e er mit diversen Ensembles (u.a. Norrbottens Big Band, Bohus Big Band, Stora Stygga, u.a.), lehrt/e am Konservatorium in Stockholm, produziert, spielt, … und schafft es zwischendurch auch noch, mal wieder etwas Eigenes aufzunehmen.
„Interloop“ ist vor allem Dokument einer Kooperation zwischen Wadenius und dem nicht minder gefragten und umtriebigen Saxophonisten, Komponisten und Arrangeur Magnus Lindgren bzw. dessen Band. Der unterhaltsame Aspekt ist nämlich der, dass Lindgren zunächst der einzige war, der nicht dabei war. 2002 hat/te Wadenius zwei Viertel von Lindgren’s eigenem Quartett (Bassist Fredrik Jonsson und Drummer Jonas Holgersson) rekrutiert, um mit ihnen Material aus der ’Made In Sweden’-Ära noch einmal auf die Bühne zu bringen. Zumindest war das der ursprüngliche Plan. Geendet hat das ganze so, dass Lindgren bald zu den dreien dazu stieß, man in Quartettstärke (unter dem Etikett ’Made In Sweden Mark 3’) im Frühjahr 2004 tourte und dabei größtenteils neues Material zum Besten gab, das gemeinschaftlich bei den Proben entwickelt worden war.
Im Juni nach der Tour eilten die Vier sogleich ins renommierte Stockholmer Atlantis Studio und nahm das neue Material auf. Nach Abschluss der Arbeiten wurde man sich schnell einig, dass es wohl angemessener sei, dieses Material nicht ein weiteres Mal als Made In Sweden an die Öffentlichkeit zu tragen. So entstand die Jojje Wadenius Band. Ihr erstes Manifest erscheint nun auch in Deutschland; großartig gespielter Jazz mit allerhand Finesse, vielseitig von druckstark bis schöngeistig. Aber was will man von einem Mann mit einer solchen Vergangenheit und seinen erwählten Mitstreitern auch anderes erwarten als absolute Spitzenklasse.
Künstler: Jojje Wadenius Band & Magnus Lindgren | Album: Interloop | Label: Amigo | VÖ: 13. Juni 2005