Mit Jill Scott, Bilal, Gerald Veasley, Floetry, Carol Riddick, Darius Rucker, N’Dambi und Glenn Lewis als Gästen ist es für Jeff Bradshaw um einiges leichter, die Neo Soul-Fans auf sich aufmerksam zu machen. Und ja, es ist wohl auch nötig, um überhaupt eine Chance zu haben.Nicht, dass es Jeff Bradshaw an Talent mangeln würde, vielmehr ist er ein Künstler, der Überdurchschnittliches liefert, und mit seinem Niveau liegt er deutlich über dem Marktdurchschnitt – auch in seinem Genre.
Wobei die Sache mit dem Genre eben so eine Sache ist: Mit dem Etikett Neo Soul stehen seine Chancen um Längen besser als unter der Bezeichnung Jazz oder Fusion. Für das, was üblicherweise unter Neo Soul läuft, ist „Bone Deep“ jedoch nicht glatt genug, passt es zu wenig zu den üblichen Erwartungen.
Das beginnt schon damit, dass sein Instrument die Posaune ist, nicht für den Background, um ihn zu begleiten, sondern manchmal nahezu gleichberechtigt neben den Vocals. Das ist selbst für ein Label wie Hidden Beach Recordings mutig, das ja erfreulicherweise für hohe Qualität fernab des Mainstreams steht und dennoch gelegentlich Charterfolge feiern kann. „Bone Deep“ bietet also Neo Soul, Jazz und auch noch ab und zu afrikanische Rhythmen, was letztlich exzellent zu Hidden Beach Recordings passt und eine echte musikalische Bereicherung ist – was sich für zu viele Neo Soul-Leute, die eher Soul-Recycling als eigenständige Kunst betreiben nicht behaupten lässt.
Mit seiner Stimme, Posaune und dem eigenen Songmaterial bleibt trotz der Stars des Genres genug Raum, um Jeff Bradshaw selbst auf seinem Debüt kennenzulernen. Dass er diese beeindruckende Liste an Gäste für sein erstes Album vorzeigen kann, liegt daran, dass viele Künstler ihn schon selbst als hervorragenden Musiker bei ihren eigenen Projekten kennengelernt hatten; mit Jill Scott war Jeff Bradshaw beispielsweise bereits 2001 auf ihrer Tour.
Insofern hat man ihm diese Startchance nicht geschenkt, er hat sie sich erarbeitet – und das, seit er als Teenager mehr oder weniger alleine gelernt hat, eine ganze Reihe von Blasinstrumenten zu spielen. Dass die Posaune zu seinem Favoriten geworden ist, liegt an der großen Ähnlichkeit zur menschlichen Stimme, wie Jeff Bradshaw es selbst sieht.
Zum Schluss noch ein Wechsel des Standpunkts: Anstatt „Bone Deep“ als besonders anspruchsvolles, vielleicht ein wenig schwieriges Neo Soul-Album zu sehen, lässt sich diese CD auch als leicht zugängliches Jazz-Album verstehen, als Jazz für Jazz-Einsteiger, die bisher vor allem Soul und R&B gehört haben.
Künstler: Jeff Bradshaw | Album: Bone Deep | Label: Hidden Beach Recordings | VÖ: 7. November 2003