Harlem Shuffle – Januar 2005

Torsten Williamson-Fuchs
Torsten Williamson-Fuchs

Beachtenswerte Produktionen gibt es aus dem mitteldeutschen Raum: „Gegen den Rest“ (Dominance Records/Al!ve) kämpfen FMK und DJ Nicon an. Mit wohldosierten Beats, die genau den Punkt treffen und selbstbewussten Lyrics haben der Dessauer Matthias Kretschmer und der „Optiker“ einen erfrischenden Track hingelegt, der sich wohltuend von vielen anderen deutschen Veröffentlichungen abhebt. Die CD-Maxi mit sechs Tracks (davon ein vorzüglich electrofunkiger Sbassship Encryption Rmx!) weckt Appetit auf mehr!Sieben Stücke hat die Eastside Famlee aus Halle/S. auf „Styler 4 Life“ (Hallewood Entertainment) gepackt. Busy B. und Mad Mic reden Klartext – ihre ungeschliffenen Reime werden sicher nicht nur in ihrer sachsen-anhaltischen Heimatstadt von jedem Homie verstanden. Lest auch die ausführliche Rezension der EP von rap2soul-Redakteur Oliver Springer!

Nach „Me & My Brother“ drehen die Ying Yang Twins kurzerhand den Spieß um. Auf „My Brother & Me“ (TVT Records) stellen die Zwillinge Mixversionen an den Endverbraucher durch, die im zu Ende gegangenen Jahr die Booming Systems erschütterten. Ein Thema also für Fans und DJs, die Basslastiges a la „Salt Shaker“ auflegen. Die Twinz steuern mit „Fine“ auch das beste Stück des Debüts von Jacki-O bei. Die Schönheit ist so etwas wie die Lil‘ Kim des „Crunk ‚N‘ B“, denn auf „Poe Little Rich Girl“ (TVT Records) geht sie mit vollem Körpereinsatz daran, sich anzubieten in einem Markt, den bislang nur Ciara beansprucht.

Der Hype um Crunk geht an DJ Assault spurlos vorüber. Der Top-DJ feilt auf „Belle Isle Tech 2“ (Jefferson Ave.) weiter an seinem Accelerated Funk, einer ultraschnellen Variante von Booty. Für sein Mixtape hat er diverse Klänge der weltweiten Club Culture aufgesaugt. Dance, gebrochene Beats, Tech-House, R&B – der Mann kennt – ähnlich wie Afrika Bambaataa – keinerlei Berührungsängste in seinen Sets. Über die Texte des Detroiters sollte allerdings nicht tief nachgedacht werden …

Das bietet sich eher bei Tommy Evans an. Der Engländer verbreitet seine Sicht der Dinge und politische Botschaften auf „New Year’s Revolution“ (YNR Prod./Yard Prod.) über Beats, die guten Gewissens auch den Dilated Peoples angeboten werden könnten. In Tracks wie „Good Vibes“ präsentiert sich der Mann abgeklärt, selbstbewusst und entspannt. Chillfaktor: sehr hoch!

Nach Seeed schickt sich eine siebenköpfige Kommune aus der Hauptstadt an, karibische Klänge auf Berliner Multi-Kulti-Verhältnisse runterzubrechen. Culcha Candela vermengen auf „Union Verdadera“ (Homeground) diverse Spielarten lateinamerikanischer und karibischer Tanzmusik mit ihrer Auffassung von Rap. Dabei wildern sie ungeniert in der Anhängerschaft von Seeed – Feierfaktor: hoch!

„There Will Be A Light“ (Virgin) heißt das Resultat der Session, die Ben Harper mit den Blind Boys of Alabama abgehalten hat. Der (Slide-)Gitarrist aus Kalifornien hat mit den Ehrwürden elf spirituelle Songs aufgenommen, die schwer kategorisierbar und irgendwo zwischen Rockin‘ Soul, Traditional Gospel und Singer/Songwriter abzulegen sind. Einigen kann man sich auf die Einordnung unter ‚gute Musik‘.

Unter dieser Überdachung findet auch Goapele Platz. Die Sängerin gibt sich auf „Even Closer“ (BBE Records) smooth und intoniert sehr deepen Soul mit unterschwellig präsenten Hip-Hop-Beats. Erykah Badu und N’Dambi würden angezeigt, wenn man Goapele’s Klangkosmos durch eine Suchmaschine im Internet jagen könnte.

Smoothe Töne die sich bis zum letzten Takt durchziehen befinden sich auf dem sechste Album von Fourplay. Seit 13 Jahren zelebriert das Quartett zeitgenössischen Smooth Jazz, ohne an den für Supergroups typischen Verschleißerscheinungen zu leiden. Auch die Stücke auf „Journey“ (Bluebird) bieten sich als unaufdringliche Tagesbegleiter an. Wer genau hinhört, entdeckt aber die musikalische Meisterschaft, die dahinter steckt. Schönes Album, wenn sich die Bearbeitung von Sting’s „Fields Of Gold“ abklammern ließe. Da dies nicht geht: einfach bei Track 2 starten!

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Torsten Fuchs ist ein Experte der Black Music und bereits früh als Redakteur zu rap2soul gekommen. Torsten schreibt CD-Kritiken für mehrere Magazine. Als Moderator war er für JAM FM tätig, zuvor war er auch bereits bei Radio PSR und als Showhost bei MDR Sputnik. Torsten Fuchs ist Mitglied beim Preis der Deutschen Schallplattenkritik e.V. in der Jury für "Hip Hop, Soul, R&B".

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