Harlem Shuffle – Dezember 2005

Torsten Williamson-Fuchs
Torsten Williamson-Fuchs

Tomekk lebt ganz gut vom Hip-Hop … klar, dass der Diskjockey zum Jahreswechsel noch eine Rechnung stellt. „Best of DJ Tomekk“ (SONY BMG) hat alles, wofür der gebürtige Pole geliebt und gleichzeitig gehasst wird. „Ich lebe für Hip-Hop“; „Kymnotize“; „Ganxtaville“ und zehn andere Stücke, die aus dem Musikfernsehen oder der Black-Runde in der Großraumdisko bekannt sein dürften. Fairerweise muss zu Tomekk aber gesagt werden, dass er privat sehr (sehr!) sympathisch ist seine Sets noch immer jeden Club rocken mit Skills, die unter DJs ihresgleichen suchen.Das Weihnachtsgeschäft haben die Macher des „Cornerstone Mixtapes“ (Grand Hustle/Atlantic) zwar nicht im Sinn, den Kassenerfolg des Hip-Hop-Films „Hustle & Flow“ wohl schon. Denn das von amerikanischen Radio-DJs gemischte Band promoted die Tracks, die auf dem Soundtrack aufgeführt sind. Werbung also, aber durchaus autoradiofreundlich und besser als jedes Snippet. Diese Unsitte ist immer noch weit verbreitet – jüngstes Opfer: Jonesmann aka Samson Jones. Sein Label Bozz/Subword verärgert die Musikjournalisten mit Halbminütern vom Album „SJ.“, die noch dazu nicht von jedem CD-Player eingelesen werden. Und so verweisen wir nur neutral darauf, dass das Album zur Radiosingle „F*ck Dich“ am 13. Januar erscheinen soll …

Mehr zu erzählen gibt es von Ursula Rucker und ihrer LP „Ma’at Mama“ (! K 7 Records). Das Aushängeschild des Sprechgesangs hat sich auf dem dritten Album vom alt-ägyptischen Prinzip der Kemetik leiten lassen und es nach der Gottheit Ma’at benannt. Diese sei, so die Protagonistin aus Philly, für die Erhaltung einer ewig vorhandenen und funktionalen Wahrheit zuständig. Ma’at sorge für Balance. Manche glaubten, sie stehe an der Spitze der Hierarchie von ägyptischen Gottheiten, weil es ohne die universelle Ordnung nur Chaos gäbe.

In ihren Songs widmet sich Ursula Rucker eher irdischen Problemen. Sie thematisiert, hinterfragt und klagt an. Ein Album, auf das man sich einlassen muss, an dem sich aber immer neue Zwischentöne entdecken lassen. Frau Rucker engagiert sich übrigens nicht nur auf ihren Tonträgern, sondern macht sich zum Aushängeschild für die Amnesty Int’l-Kampagne „Stop Violence Againts Women“. Lest auch meine ausführliche Rezension hier auf www.rap2soul.de!

Prominente Ideengeber wählte sich Baby J für seine neue Produktion. KRS One oder Public Enemy standen offenbar Pate für „Baby J Presents F.T.P.“ (All City Music/PIAS). Die ´most known unknown´ MCs aus dem Independent-Bereich wie Skinnyman und Malik geben sich hier die Klinke von Baby J’s Studiotür in die Hand, um über F.T.P.-Variationen wie „Fight The Power“ oder „F*ck The Police“ zu improvisieren. Wie cool Brit Hip-Hop klingen kann, demonstriert Skeme mit „Keep It Up“. Da fragt man sich, warum man diesen Song nicht in den Clubs von den DJs präsentiert bekommt. F (or) T(he) P(eople) – sozusagen …

Über Torsten Fuchs 529 Artikel
Torsten Fuchs ist ein Experte der Black Music und bereits früh als Redakteur zu rap2soul gekommen. Torsten schreibt CD-Kritiken für mehrere Magazine. Als Moderator war er für JAM FM tätig, zuvor war er auch bereits bei Radio PSR und als Showhost bei MDR Sputnik. Torsten Fuchs ist Mitglied beim Preis der Deutschen Schallplattenkritik e.V. in der Jury für "Hip Hop, Soul, R&B".