Ein aufstrebendes Talent kommt aus Columbus/Ohio: Copywrite feuert auf „Cruise Control Mixtape Vol. 1“ (Nature Sounds/NEO) Salven in der Geschwindigkeit eines Twista ab. Der Weggefährte von RJD2 gewann bereits einen von Jay-Z und 50 Cent veranstalteten MC-Wettbewerb – die Gerüchteküche kocht dahin gehend, das der (wen’s interessieren sollte – weiße) Rapper von Roc-A-Fella gesignt wird. Anspielttipp ist sein Freestyle über das Thomas Dolby-Thema „Twist It“. Er ist ein Thema für das Gefolge von Ginuwine, aber auch für das von Jon B: Bislang nur wurde Mario in Deutschland links liegengelassen, weil ihm eine Hitsingle fehlte.
Mit „Let Me Love You“ gelang dem 18-Jährigen weltweit ein Crossover-Hit, der dem Album „Turning Point“ (J Records) nun viel Schubkraft verleiht. Der 18-Jährige will den Kinderschuhen entwachsen sein und es jedem recht machen: mal klingt er nach Usher („Boom“), mal clubby („Call The Cops“) – hin und wieder erstaunlich reif („How Could You“).
Anders bei Charlene Keys aka Tweet: Ihr gelang als Protege von Missy Elliott 2002 mit „Oops (Oh My)“ der Singleerfolg auch fern der Heimat. Mit dem eigenwilligen Album „It’s Me Again“ (Goldmine/Atlantic) meldet sich Tweet wieder zurück. Darauf sind soulige Stücke zu finden, die erst im zweiten Hörgang ihre Strahlkraft entfalten. Ähnlich wie bei Aaliyah’s Schaffen handelt es sich nicht um Stangenware, sondern um edlere Teile. Die Songs sind sehr feingliedrig und detailverliebt, um sich der fast schon zerbrechlich wirkenden Tweet annähern zu können. Ein Hit wie „Oops“ fehlt, aber das kann Missy ja nachholen, die im Frühsommer mit ihrem Doppelalbum „The Cookbook“ auftrumpfen will. Besser ist es, denn zuletzt hatte sich die Elliott ja im Castingbereich des US-Fernsehens engagiert.
Erste Rezepte aus dem Kochbuch sind pikant abgeschmeckt: Missy bearbeitet in „Lose Control“ Samples von Hot Streak und Cybotron, die ihre Clubtauglichkeit bereits in den Floorfillern „Body Work“ bzw. „Clear“ bewiesen haben. Auch Missy’s Street-Single „On and On“ passt in jedes gute DJ-Set.
Die Gebrüder Godfrey achten auf Eingängigkeit, sind von Beliebigkeit aber (noch) ein gutes Stück entfernt. Sie wechselten bei Morcheeba die Sängerin aus und Trip Hop lässt sich auf „The Antidote“ (Echo/PIAS) nicht mal in Spuren aussieben. Es rockt, was alten Fans durchaus aufstoßen könnte. Nur das melodische „Wonders Never Gease“ hätte sich noch in den Vorgänger eingefügt, auf dem die Briten in Adam Green-Manier kurz vor dem Grenzübertritt zum Kitsch noch schnell den Pass wieder einstecken und umkehren. Irgendwie fehlt Grace Slick mit ihrer schelmischen Art -ohne die Hübsche ist Morcheeba nicht mehr das, was es einst war.
Der altgediente Blak Twang fordert auf „The Rotton Club“ (Wall Of Sound/PIAS) mindestens soviel Respekt ein wie die jungen Wilden der Londoner Hip-Hop-Invasion. Er fühlt sich wie immer pudelwohl, wenn er sich zwischen Reggae und Hip-Hop breit macht. Und wird erneut nicht in den Mainstream vordringen. Ebenso wie C-Rayz Walz, der auf „Year Of The Beast“ (Definitive Jux) die alternative Rapszene mit Leuten wie Aesop Rock und El-P versammelt hat. Kann man sich geben, ohne sich hinterher an Herausragendes zu erinnern – wie so oft bei derartigen Releases. Wem C-Rayz Walz zusagt, der sollte auch in „Over The Counter Culture“ (Up Above Records/Yard Prod.) von SonGodSuns reinhören. Dahinter steckt kein Geringerer als 2Mex von den Visionairies, der die roughe Seite der West Coast presentet.
Ein Weltmusik-Cocktail wird geschüttelt auf „Globalibre – World Club Culture“ (SPV); einem Sampler, der sich den Klängen widmet, die in den meisten hiesigen Clubs nicht laufen, aber dort laufen könnten. Viel Lateinamerikanisches ist verrührt – Dub, Reggaeton und Rumba verzieren das Cocktailglas. Explizit erwähnt werden muss der Bonustrack, denn der Remix von James Brown’s „Get Up (I Feel Like …)“ versprüht ein besonderes Aroma. Darüber hinaus ist es nicht verkehrt, im Kreis der 15 Projekte wenigsten einen alten Bekannten zu treffen.