Jaguar Wright beweist mit ihrem zweiten Album, dass künstlerische Eigenständigkeit und das eine oder andere Cover bzw. die eine oder andere musikalische Anleihe sich nicht ausschließen. Diese CD bietet anspruchsvollen, sehr gut gemachten R&B, der gerade auch dadurch überzeugt, dass sich die Künstlerin nicht in künstlerischer Selbstverliebtheit verliert, sondern Musik zum Anhören und genießen liefert. Das alles ist im Neo Soul nicht selbstverständlich!
Da sind wir dann bei einem leicht zu verschmerzenden Schwachpunkt: Was bei ihrem Erstling „Denials, Delusions and Decisions“ noch clever formuliert (und sinnvoll!) wirkte, erscheint bei „Divorcing Neo 2 Marry Soul“ lächerlich.
Der Titel wirkt nicht nur extrem konstruiert, sondern passt auch inhaltlich nicht. Wem das Etikett Neo Soul nicht passt, soll halt andere Musik machen, aber nicht eines der besten Neo Soul-Alben, die je produziert worden sind. Und sich ganz sicher nicht Raphael Saadiq als Produzenten holen! Mit derlei Wort(hülsen)spielchen treibt Jaguar Wright den Neo Soul-Hype nur wieder an in einer Zeit, in der (zum Glück) diese Einordnung nicht mehr häufig thematisiert wird.
Ihre Interpretation von (nach ihrer Schreibweise) „Woman 2 Woman“ wirkt so leidenschaftlich, singt sie mit so viel Verzweiflung ihrer Stimme, dass Shirley Browns Hit aus dem Herbst `74 schon etwas blass wirkt. Bis auf diesen Klassiker und das ebenfalls sehr schöne „Flower“ stammt alles auf „Divorcing Neo 2 Marry Soul“ aus ihrer eigenen Feder.
FAZIT: Nach ihrem starken Debüt schafft Jaguar Wright mit dem abwechslungsreichen „DivorcingNeo 2 Marry Soul“ klar den Sprung auf eine höhere musikalische Qualitätsstufe.
Künstler: Jaguar Wright | Album: Divorcing Neo 2 Marry Soul | Label: Artemis / Rykodisc / Rough Trade | VÖ: 15. August 2005