Zugegeben: „Through With Love“ ist großartig. Hier zeigen die Ladies, dass sie es noch verstehen, starke Emotionen zu wecken. Dieser Song liefert für mich auch den Beweis, dass Massentauglichkeit und Qualität kein Widerspruch sein müssen. Leider bieten Destiny’s Child auf ihrem vierten Studioalbum nur wenig Anlass, sie zu loben.
Als vorab „Lose My Breath“ raus kam, dachte ich noch bei mir, dass mal wieder der schlechteste Track zur ersten Single geworden ist, um auf niedrigem Niveau möglichst viele Menschen damit anzusprechen. Doch wie sehr habe ich mich geirrt! Destiny’s Child haben sich mit den weiteren Liedern zum Teil deutlich selbst unterboten. Dagegen wirkt dann „Lose My Breath“ wieder vergleichsweise stark.
„Soldier“, bei dem sich Destiny’s Child ihre Street Credibility in Form der Rapper T. I. und Lil’ Wayne quasi eingekauft haben, bietet oberpeinliche Lyrics. Die Mädchen aus der Kirche sollten bei Themen bleiben, bei denen sie nicht so offensichtlich falsch platziert sind: „If His Status Ain’t Hood / I Ain’t Checkin‘ For Him / Betta Be Street If He Lookin‘ At Me / I Need A Soldier“. Was soll das?
Das Traurige am traurigen Rest ist, dass er so gleichförmig klingt: Die Ideen haben ohrenscheinlich nur für zwei Songs gereicht, wurden aber auf zehn Stück gestreckt – besser wird der Stoff dadurch nicht.
Beyoncé, Michelle und Kelly harmonieren, ohne Frage, das hat das erfolgreiche Trio zur Perfektion getrieben. Das haben wir nun aber auch schon oft genug gehört, da wäre jetzt einfach mal etwas Abwechslung gefragt. Besonders bedauerlich ist, dass Kelly Rowland und Michelle Williams, die mit ihren Solo-Alben bewiesen haben sollten, dass sie zu mehr fähig sind, als nur als Background-Sängerinnen für Beyoncé zu dienen, nicht mehr Raum bekommen haben. Ich dachte, dass sollte ein Gruppen-Album werden…
Meine Bewertung würde positiver ausfallen, wenn das ihr erster Longplayer wäre, doch im Vergleich zum herausragenden, zum Teil geradezu anspruchsvollen ersten Album, liefert „Destiny Fulfilled“ nur magere R&B-Durchschnittskost, die weder satt noch zufrieden macht. Hatten sich Destiny’s Child bislang als unabhängige, starke Frauen positioniert, geben sie sich auf Tracks wie „Cater 2 U“ extrem männer-zentriert. Ist das ein neues Band-Konzept, oder ein Fall von „kein Plan“? Soviel Rückschritt mag ich nicht belohnen.
Sogar die Regel, dass das Ganze wertvoller oder stärker als die Summe seiner Teile ist, wird bei dieser CD außer Kraft gesetzt: jede von ihnen, sogar Kelly Rowland mit ihrem nicht gerade innovativen Longplayer, war zuletzt alleine besser als die Gruppe. Aufhören, wenn es am schönsten ist – den Zeitpunkt dafür haben Destiny’s Child klar verpasst.
Künstler: Destiny’s Child | Album: Destiny Fulfilled | Label: Columbia | VÖ: 15. November 2004