Wenn Usher Raymond ein Album veröffentlicht, kommen wir daran nicht vorbei. Was der ehemalige (Gospel-) Chorknabe in „Confessions“ gepackt hat, ist eine ausgewogene R&B-Mischung mit einem Schuß Hip-Hop. Sein 2004-Longplayer ist deutlich langsamer als „8701“, doch keineswegs ein Slow-Jam-Album, denn einige Midtempo-Nummern finden sich darauf ebenfalls; so richtig schnell wird’s nur bei „Yeah“, in dem Lil’ Jon und Ludacris zu Gast sind. Die drücken dem Lied so sehr ihren Stempel auf, dass ich das gar nicht mehr als Usher-Song erlebe.
Der Tune ist – obwohl recht einfallslos – nicht schlecht, doch wozu Usher sich darauf eingelassen hat, ist mir nicht plausibel. Als Nobody ohne Namen so eine Koop durchzuziehen wäre eine Sache, als etablierter Star mit eigenem Stil ist es irritierend, muss er sich nach seiner mehr als zehnjährigen Karriere und nachgewiesnem Talent nicht so billig zur Schau stellen. Wer ist der Gast, wer ist die Hauptattraktion? Kann ich bei der Nummer nicht sagen. Da greife ich lieber gleich zu einem Crunk Music-Künstler. Nichts gegen eine moderne Produktion, einen Sound, der auch mal ein bisschen experimentell rüberkommt, doch Einfallsreichtum alleine bringt’s nicht.
Immerhin haben seine Produzenten Jermaine Dupri, Rich Harrison, R. Kelly, The Neptunes sowie Jimmy Jam & Terry Lewis nicht zu ausgetretene Pfade eingeschlagen. Einige Tracks wie „Superstar“ sind mir von der Zusammenstellung aber ein Stück zu unruhig geraten. Auch stimmlich reizt Usher sein Potential nicht voll aus. Oder gerade das, und er hätte es sein lassen sollen! „Bad Girl“ und „Do It To Me“ sind Beispiele dafür, wo was schief gelaufen ist: Mal abgesehen davon, dass er auf „Confessions“ eh zuviel wimmert – Usher quetscht die höchsten Töne auf unangenehme Weise durch seine Kehle. Das ansonsten sehr schöne „Can U Handle It?“ (na irgendwie wohl nicht…) leidet am selben höhenmäßigen Fehlgriff.
Usher wäre besser beraten gewesen, sein Album eine Oktave tiefer zu legen. Wie’s auch besser geht, beweist er dem sehr überzeugenden „Throwback“. Warum ist aus dem Intro kein ganzer Song geworden? Das kommt entspannt unkommerziell und bescheiden daher, dorthin hätte die Reise gehen können/sollen.
Bis auf den Chart-Burner „Yeah“ verzichtet Usher komplett auf Features, was ihm eine Menge Pluspunkte einbringt.
Nicht nur, weil überhaupt die Featureritis eine der schlimmsten Krankheiten der aktuellen Black Music ist, sondern weil „Confessions“ vom Stil her geradezu prädestiniert dazu ist, Heerscharen an Gästen einzubeziehen – angenehme Überraschung, dass man dem widerstanden hat!
Weitere CD-Review zu diesem Album
Künstler: Usher | Album: Confessions | Label: Arista | VÖ: 22. März 2004 |Album des Monats: April 2004