Ungeachtet des Erfolgs an den Ladenkassen und den Preisverleihungen, machten Toni Braxton’s frühere Alben zum großen Teil den Eindruck, vom Sound her nicht ganz auf der Höhe der Zeit zu sein. Das muss kein Nachteil sein und soll hier auch nur verdeutlichen, dass „More Than A Woman“ ganz anders klingt als ihre früheren Werke. Die allgegenwärtigen Neptunes und Leute wie Starproduzent Rodney Jerkins haben dafür gesorgt, dass dieses Album wie frisch aus dem Kühlregal klingt. Damit haben wir Plus und Minus gleich benannt: So modern es ist, so unterkühlt kommt es zum Teil auch daher.
Besonders deutlich wird die bei „Give It Back“, bei dem die Big Tymers gefeatured werden. Das ist so steril, dass ich beim Anhören schon fast meinte, Desinfektionsmittel zu riechen. Sanfte Tracks wie „Better Man“ sind in der Hinsicht kaum besser dran. Dabei ist es aber so clever produziert, dass es letztlich dann doch überzeugt und zum Teil richtig Spaß macht.
Dennoch ist „More Than A Woman“ kein Album, das vom ersten bis zum letzten Track überzeugen kann. Nervig-rockige Nummern wie „Lies, Lies, Lies“ irritieren nicht nur Toni Braxton Fans, sondern auch den durchschnittlichen R&B-Käufer, der schon mal ein Auge zu drückt, wenn es vor lauter Herz-Schmerz mal ein wenig zu poppig wird, aber für derlei disharmonische Klänge kaum zu begeistern ist.
Solche Ausreißer wären nicht weiter schlimm, wenn es nicht schon so wenige Songs auf dem Album wären: 12 Stück waren in Zeiten ordentlich, in denen die Schallplatte das wichtigste Medium war, um Musik zu hören, aber auf eine CD passen rund 74, meist auch 80, manchmal sogar noch mehr Minuten Musik. Angesichts der stolzen Preise, die für einen Longplayer verlangt werden, kann man mit der Spielzeit kaum zufrieden sein.
Künstler: Toni Braxton | Album: More Than A Woman | Label: LaFace / Arista | VÖ: 18. November 2002