Sein Ruf als großartiger Trompeter und Komponist lässt mehr erwarten als ein so durchschnittliches, zum teil träge-langweiliges Album wie „Hard Groove“. Das hat Roy Hargrove indes nicht alleine verschuldet, sondern mit seinem Ensemble „The RH Factor“. Das Wortspiel – es bezieht sich wohl auf Rhesus-Faktor (hat was mit unterschiedlichen Blutgruppen zu tun) – ist leider das Originellste an dem ganzen Projekt.
Beim Musikmachen ist es ja wie beim Kochen: Du kannst die besten Zutaten verwenden und dennoch ein übel oder seltsam schmeckendes Essen zaubern, wenn die einzelnen Ingredienzen nicht zusammenpassen oder die Mischverhältnisse nicht stimmen. Es muss auch nicht immer am Koch liegen, es kann auch einfach ein mieses Rezept sein. Soul, Funk, Jazz und Hip-Hop zu mischen, kann eine spannende Sache sein, aber bei zu vielen Stücken auf „Hard Groove“ hat sich der Koch nur einen von möglichen fünf Sternen verdient.
Das Instrumental-Stück „The Joint“ ist eine der wenigen angenehmen Ausnahmen. Die meisten Tracks liegen irgendwie verquer im Magen. Roy Hargrove gehört zu den sogenannten „Soulquarians“ um D’Angelo, Erykah Badu und Common, um gleich drei gute – doch maßlos überschätzte – Musiker zu nennen. Neo Soul ist – auch wenn das eine Menge Leute, die sich selbst gerne für Intellektuelle halten, glauben – kein Qualitätsurteil, sondern einfach eine musikalische Zuordnung.
Nimmt man nun das „Schlechte“ aus zwei Welten, die oft anzutreffende Trägheit von Neo Soul und die Lust, mit disharmonischen Jazz-Klängen zu experimentieren, zusammen, erreicht man keine neue künstlerische Stufe. „Hard Groove“ hat seine schönen Momente, doch wie bei einem Menü – um das Bild vom Kochen noch einmal aufzuwärmen – müssen die einzelnen Gänge aufeinander abgestimmt sein.
Daran krankt die Küche von Roy Hargrove und The RH Factor. Jazz Fans, die gern‘ etwas mit R&B Sounds flirten und einige Fans von Q-Tip, D’Angelo, Erykah Badu, Common und z. B. noch MeShell Ndgeocello werden „Hard Groove“ feiern, weil ihre Stars dabei sein und das Album irgendwie anspruchsvoll klingt. Doch „Hard Groove“ beweist wieder einmal: Auch ein großes Aufgebot an zum Teil exzellenten Musikern kann ein nerviges Album aufnehmen.
Künstler: Roy Hargrove | Album: Rh Factor Presents Hard Groove | Label: Verve / Universal | VÖ: 19. Mai 2003