Fast ein Jahrzehnt hat es gedauert, bis sich deutscher Hip-Hop emanzipiert hat: von flow-losen holpernden Reimen über hausbackene Beats hin zu akzeptablen Leuten wie Curse oder Samy Deluxe. Soul singen ist viel schwieriger als Rappen; selbst Majorlabels trauten sich bislang nicht, Gehversuche zu veröffentlichen.
Schwester Setlur, ein paar R&B-Singles von hier lebenden Amerikanerinnen wie Brooke Russell, im letzten Jahr das (gute und zu Unrecht wenig beachtete) Debüt von BinTia – das wars. Bei den Herrn ging da mit Leuten wie Naidoo, Ole oder Samir schon mehr. Umso wichtiger ist das Album von Joy Denalane. Es ist das erste Domestic Soul Album einer deutschen Künstlerin mit Crossover-Potenzial.
Es ist kein Schnellschuss, sondern Joy Denalane konnte mit Singles wie „Sag’s mir“ und Liveauftritten wachsen. Songs wie „Was auch immer“ – dem besten der Platte – markieren einen neuen Level, denn female Soul auf diesem Niveau gab es in Deutschland bisher nicht. Dazu intelligente Geschichten über Liebe, Soziales und Gesellschaft, die sie sich einfach von der Seele singt.
Natürlich hat die Denalane Platten von India.Arie oder Jill Scott gehört und deren Stile involviert – bislang wurde noch jeder Künstler dieser Welt von anderen beeinflusst. Einzig die Afro-Interludes hätten nicht sein müssen. Das Problem von „Mamani“ ist, dass dieses Album ein Einzelfall sein könnte. Es scheint momentan keine andere Künstlerin zu geben, die hier mithalten kann. Oder wird BinTia noch eine zweite Chance gegeben?
Künstler: Joy Denalane | Album: Mamani | Label: Four Music | VÖ: 3. Juni 2002