Standing in the Shadows of Motown … Dwele verkörpert den Soul des jungen Detroit. Nachdem er sich auf dem letzten Slum Village-Album vorstellen durfte, beeindruckt er auf seinem Debüt „Subject“ (Virgin) mit ausgereiften Songs und Stilsicherheit. Er ist so etwas wie die Detroiter Antwort auf D’Angelo; ein Vertreter der jungen Generation, die den Soul der Väter verinnerlicht und Hip-Hop inhaliert hat. Dwele’s LP steht ganz oben in dieser Kolumne, aber auch das Album von Stephanie McKay sollte auf jeden Fall goutiert werden!
Die Ex-Sängerin der Brooklyn Funk Essentials hat in den elf Songs auf „McKay“ (Go Beat) den Blues freigelegt. Blues meets Soul meets Singer/Songwriter – dazu das Beste der frühen Massive Attack – es gibt eigentlich keinen Grund, warum McKay nicht in der Liga von India.Arie und Erykah Badu mitspielen sollte. Bei der Fülle von Angeboten starker Frauen wie Beyoncé Knowles und Ashanti wird es Mya mit „Moodring“ (A & M Records) schwer haben. Wobei die Frau aus D.C. es locker mit beiden aufnehmen kann. Mya schafft alle Prüfungen des modernen R&B-Standards, wobei ihre Songs natürlich nicht so eigenwillig sind wie die von McKay. Aber die New Yorkerin Lumidee lässt sie allemal hinter sich zurück.
Die 19-Jährige schaffte zwar mit einer weiteren Version auf dem Diwali-Riddim einen Radiohit, aber ihr Debüt „Almost Famous“ (Straight Face/Universal) enthält nichts, was man nicht schon x-mal ähnlich vernommen hat. Der Teenager aus Harlem liefert am laufenden Meter Dutzendware ab, die zwar besser als die von Sarah Connor ist, aber das gilt ja nicht als Messlatte. Ebenfalls aus New York stammen FannyPack, die auf ihrem Debüt „So Stylistic“ (Tommy Boy/Four Music) mit erfrischender Unbekümmertheit auftreten.
Die fünf von FannyPack (Slang für Gürteltasche) klammern die letzten 20 Jahre ab und widmen sich dem Booty der alten Schule. Es blubbert und zirpt wie zu Zeiten von J.J. Fad. Spaß statt Revolution also, aber der Electro Funk war nie weg und in den Metropolen erfreut sich dieser Sound sowieso der Beliebtheit. Überhaupt, ohne diese Klänge könnten heute die Booming-Systems in den SUV’s nicht mit dreckigem Dirty South-Sound versorgt werden.
Nachschub aus Atlanta kommt da von Bone Crusher. Wuchtige Bässe, blubbernde Hi-Hats und ein MC, der mehr grölt als rappt – auch das Album „AttenCHUN!“ (So So Def/ARIS) des Knochenbrechers fährt diese Schiene. Es ist ein fetter Soundtrack zum Autofahren und Cruisen, der nicht für Diskurse in den Feuilletons produziert wurde. Aber es ist zu konstatieren: Die Fangemeinde von Dirty South wächst. Die vom Clan bleibt stabil, Wu-Tang’s Inspectah Deck vertreibt sich die Zeit mit dem zweiten Soloalbum.
„The Movement“ erscheint über Deck’s Firma INS und beinhaltet straighte Raptiraden des Inspektors, die sich über Shaolin- und Blaxploitation-Versatzstücke schlängeln. Kopfnickfaktor: sehr hoch! Zum Schluss noch was für den „Goldenen Oktober“: Temperamentvolles kommt vom brasilianischen Perkussionisten Carlinhos Brown, aus dessen Album „Carlito Marron“ (BMG Spain) die Sonne entgegenlächelt. Aaron Neville, Mitglied der gleichnamigen Bruderschaft, entdeckt 62-jährig das ´American Songbook´ und fügt ihm auf „Nature Boy“ (Verve) die Hausmarke bei.