Tricky ist wieder da und vielseitiger denn je. Auf „Vulnerable“ (Anti Inc.) springt er im Zick Zack zwischen den Stilen umher. Reggae-Zitate, die Gelassenheit von Morcheeba, folkige Einfachheit und heavy Gitarren – immer unterfüttert von mal mehr, mal weniger gebrochenen Beats. Stets versucht er, neue Mischungen zu ergründen. ‚Nur‘ Drum & Bass macht er schon lange nicht mehr – und auf „Vulnerable“ noch weniger. Und weniger ist bei Tricky mehr.
Auch ‚Melody Maker‘ Ziggy Marley legt sein Konzept weit aus. „Dragonfly“ (RCA Victor) ist eine LP, die mit conscious Lyrics gespickt ist, welche über Reggae, Dub, Folk und Gitarrenpop transportiert werden. Ohne Sommer-Sonne-Strand-Reggaeklischees, aber gerade deshalb nett! Die Kubanerin Addys D’Mercedes hat den – nomen est omen – Spitznamen ‚Kubas neue S-Klasse‘ verpasst bekommen. Ihr Album „Nomad“ (Media Luna) trägt den Stern aber nicht zu unrecht. Darauf verbindet sie geschickt Son und Hip-Hop, auch Rumba und R&B fließen ineinander. Weltmusikalisches von einer jungen Frau, die schon lange in Europa angekommen ist, ihre Roots aber nicht verkennt und stolz präsentiert.
Die Wurzeln von Bro’Sis liegen zwar in der Black Music; wie fake auch das neue Produkt aber ist, wird in den ersten Takten von „Days Of Our Lives“ (Cheyenne Records) klar. Ein stümperhafter Gehversuch im Gospel, der sofort in die Peinlichkeit abgleitet und in Ace Of Base’schen Schunkelrhythmen stockt. Der Rest ist Boy-/Girlgroup-frisierter Abfall aus der Soulpop-Stanze. Das Tragische an Bro’Sis ist, dass ein RTL II-verseuchtes Jungvolk sein weniges Geld für professionell gemachte schlechte Musik ausgibt, die alles, nur nicht Black ist …
Solche Verkaufszahlen würde man Skeewiff für ihr druckvolles Jazzfunk-Album „Cruise Control“ (Jalapeno Records/Supa Sista) wünschen. Aber mit dem, was sie machen, besetzen sie nur Nischen. Skeewiff kreuzt Jazz mit Instrumentalem, wie es in den Sixties in Perfektion von Booker T. & The MGs gespielt wurde. Eine Platte, die Spaß macht sowie die Tauglichkeitsprüfung für Clubs und Lounges mit Bravour bestanden hat.
An Mick Hucknall scheiden sich die Geister. Eigentlich macht der Mann keine schlechte (Blue-eyed) Soulmusik, andererseits hat er sich mit zuviel Popappeal längst auf die Seite des Dudelfunks geschlagen. Auch „Home“ (Simplyred.com), der jüngste Streich von Simply Red, verfestigt diesen Eindruck. Guten Stücken wie „Sunrise“ und „Lost Weekend“ steht (zu)viel Verzichtbares gegenüber. Schwärzer als Bro’Sis ist die Musik des bleichgesichtigen Rotschopfs aber allemal.
Zum Schluss noch Riddims für den Frühsommer: Der Sampler „Ragga! Ragga! Ragga! 2003“ (Greensleeves Records UK) versammelt alles, was im Dancehall derzeit Rang und Namen hat. Die auf den Dances meistgespielten Tracks sind übersichtlich auf Rille gepresst. Wer den Überblick über moderne Spielarten des Reggae behalten will oder neu in die Szene einsteigen möchte, der ist mit dem jüngsten Release der Greensleeves-Macher gut bestückt.