Wenn ein Album so gut ist, wie „Balance“ von Akrobatik, fällt es mir schwer, die richtigen Worte zu finden. Gehen wir daher ein wenig zurück: Jared Bridgeman, wie er mit bürgerlichem Namen heißt, dürfte in Deutschland noch fast völlig unbekannt sein. Aufgewachsen ist er in Dorchester, Massachusetts, doch er lebt seit einiger Zeit in Boston und ist dort seit Anfang der 90er fester Bestandteil der Hip-Hop Szene.
In den Staaten ist er das erste Mal 1998 nennenswert in Erscheinung getreten, als er mit „Ruff Enough“ seine erste Single veröffentlichte.
Nach weiteren Singles – „Internet MCs“, „Say Yes Say Word“ – kam etwas später immerhin schon mal „Akrobatik: The EP“ heraus, die sich rund 12.000 Mal verkaufte. Zusammengearbeitet hat Akrobatik bereits mit den Roots, Souls Of Mischief, Mos Def, Talib Kweli, Guru, Afu-Ra, Edo G., KRS-One. Jetzt tritt er mit „Balance“, seinem ersten Longplayer, ins internationale Rampenlicht. Mit der richtigen Unterstützung muss Akrobatik kein Insider-Tipp bleiben, sondern ganz groß rauskommen.
„Balance“ als Titel zu wählen, war eine gute Entscheidung, denn sein Album ist in vielerlei Hinsicht ausgewogen: Zunächst mal hält er musikalisch die Balance, wenn er modernen Sound und Old School-Elemente clever verbindet. Auch bringt er auf „Balance“ nicht nur geniale Beats, sondern auch fast so etwas wie Melodien – gemessen an Rap-Maßstäben. Sein Flow ist großartig, Akrobatik gleitet über die Musik wie ein Surfer auf einer Welle. Hinzu kommt, dass Akrobatik etwas hat, was Rapper gar nicht unbedingt haben müssen: eine tolle Stimme. Sehr, sehr angenehm. Souverän und kraftvoll, aber immer entspannt und dennoch sehr frisch kommen seine Rhymes rüber.
Auch inhaltlich gibt er sich auf seinem Debüt-Album ausgewogen: In manchen Songs albert er herum, doch meistens hat er einiges zu sagen. Zum Beispiel, dass beim Rap – und nicht nur dort – vieles im Argen liegt und er alles wieder ins Gleichgewicht bringen möchte. Akrobatik macht intelligente Musik zum Mitdenken und tut dabei nicht so, als ob er alles besser wüsste. Akrobatik ist kein Revolutionär, sondern eher ein Mann der konkreten Schritte, um Hip-Hop und den Rest der Welt ein Stück voranzubringen. Als ich die ersten Tracks auf „Balance“ gehört hatte, bin ich nach wenigen Sekunden immer einen Track weitergesprungen, um zu testen, ob der jeweils folgende auch so interessant ist.
Ich konnte zunächst gar nicht glauben, dass das ganze Album so gut ist. Ist aber so. 10 von 10 Punkten würde ich ihm geben, wenn wir hier Punkte hätten.
Künstler: Akrobatik | Album: Balance | Label: Coup d`Etat Ent. (Groove Attack) | VÖ: 2. Juni 2003 | Album des Monats: Juni 2003