Auch wenn 2Pac sein großes Vorbild ist: Eko Fresh ist für mich eher die deutsch-türkische Antwort auf Eminem. Der Mann aus Köln (inzwischen Berlin) polarisiert mit seiner Musik wie schon lange niemand mehr in Deutschland. Mit Ekrem Bora’s „Ich bin jung und brauche das Geld“ erreicht deutscher Hip eine neue Existenzebene: die ultra-kommerzielle.
Dreistes Eigenlob gehört schon lange zur (nicht nur deutschen) Hip-Hop-Szene, aber die Schiene, die Eko Fresh fährt, kennt man sonst eigentlich nur aus den USA. Das eigentlich Erstaunliche besteht aus zwei Teilen: 1. Es funktioniert auch in Deutschland. 2. Vorher ist da anscheinend keiner drauf gekommen oder konnte es zumindest nicht chart-technisch umsetzen. Eko singt von der großen Kohle und ist auch auf bestem Wege, seine Geldspeicher zu füllen. Ohne Frage zieht das die Neider auf den Plan, was ihm aber im Zweifel mehr Rückenwind einbringt als dass es ihm schadet, denn so ist er überall im Gespräch und hat jeder zumindest eine Meinung zu seiner Musik: wenn auch oft keine gute.
Um noch einmal auf den Vergleich mit Eminem zu kommen: Als zumindest vermeintlicher Außenseiter nutzt er die Regeln des Rap Biz auf das Geschickteste, um voranzukommen. Auch Eko ist clever genug, das Rap Game auch als ein solches zu sehen und nicht zu ernst zu nehmen. Mit seinem klaren Bekenntnis zum Geldverdienen ist er um einiges glaubwürdiger und sympathischer als die meisten seiner Kritiker aus dem sogenannten Underground, die sich als Bewahrer der echten Hip-Hop Kultur sehen. Was Eko Fresh zum Besten gibt ist inhaltlich meist dermaßen übertrieben, dass es jeder Fünfjährige schnallen müsste, dass der junge Mann das nicht ernst meint, sondern sich nur über die lustig macht, die nicht über genügend Humor oder Toleranz verfügen und deshalb für bare Münze nehmen, was er rapt.
Musikalisch bedient er sich auf seinem Album gleich mehrer Top-Hits von US-Künstlern, was ihm natürlich gern als Einfallslosigkeit ausgelegt wird. Doch zum einen hat Eko sehr witzige, frische Texte dazu parat, zum anderen bleibt auf „Ich bin jung und brauche das Geld“ noch eine Menge anderes Material, dass sich sound-technisch auch nicht verstecken muss, im Gegenteil: so dick sind die wenigsten Produktionen aus deutschen Landen. Für Abwechslung sorgen auch seine Gäste Valezka, Anti Garanti, Caput, Summer Cem, J-Luv, Mo, Azra, Resul Barini, Mr. Knight, Mr. William, DJ Ses, Joe Budden (ja, ja, der aus Ami-Land) und G-Style, der sonst im Team von DJ Tomekk spielt. Ist Eko sich also für gar nichts zu schade? Ach ja, Tomekk, wenn man ihn mal getroffen hat und hört, was er sagt, wenn er kein Mikro vor’m Kopf hat, sieht man auch ihn mit anderen Augen. Eko jedenfalls möchte auch ordentlich CDs verkaufen, denn dicke Autos und teure Frauen gibt es halt nicht allein für Respekt in Szeneblättern.
„Ich bin jung und brauche das Geld“ – entschuldigt das alles? Bestimmt nicht, aber von Eko erwarte ich keine Entschuldigung, sondern mehr von dieser Qualität. Ich werde ihn zwar ganz sicher nicht den „Don“ nennen, und „König von Deutschland“ ist bleibt Rio Reiser, aber wenn Eko Fresh ein Stück weit den schädlichen Glauben, dass man sich fürs Geldverdienen schämen müsste, weg-rappen kann, dann ist er der Mann, den wir in Deutschland brauchen. Ganz dringend.
Künstler: Eko Fresh | Album: Ich bin jung und brauche das Geld | Label: Subword | VÖ: 3. November 2003