Wird das Hip-Hop-Jahr 2002 etwa zum Jahr der so genannten Kreisschließungen? Nachdem Nas mit „Stillmatic“ seinen Albumtitel „Illmatic“ aufgreift, zieht KRS-ONE mit „Spiritual Minded“ nach.
Im Gegensatz zum 87er „Criminal Minded“ ist sein 20 Tracks umfassendes Werk gospelgetränkt. Der Lehrer wechselt also von der Vorlesung zur Predigt über. Allerdings: ‚Urban Inspirational‘ bzw. ‚Street Gospel‘, wie er seinen neuen Stil taufte, ist so neu nicht. Bereits in den 90ern gab es Bands wie Disciples Of Christ, die Hip-Hop und Gospel zu verbinden wussten.
Von den Rap-beeinflussten jungen Wilden im Contemporary Gospel wie Kirk Franklin ganz zu schweigen. Der Teacher scheint vielmehr auf der Suche nach einer Nische zu sein. Sein letztes Album „The Sneak Attack“ war eigentlich sehr gut, verkaufte sich aber nicht besonders. Inwieweit seine plötzliche Erleuchtung ehrlich ist, sei dahin gestellt – sie kommt nur ziemlich unverhofft. Mit für ein Rapalbum ungewöhnlich kruden Sounds (z. B. in „Power“) macht er es seinen Anhängern nicht eben leicht, sich bekehren zu lassen. Letzten Endes hat der Blastmaster aber noch einiges zu sagen – so hält er den gemachten Stars im Biz schonungslos den Spiegel vor das Gesicht.
Mit seinem philosopher style von der Kanzel wird er aber nur wenige christianisieren. – Weitere Botschaften, die den Rahmen des Albums gesprengt hätten, verschickt KRS-One direkt aus dem Tempel in New Jersey auf einer „Temple Of Hip-Hop’s Lecture CD“ – gegen Einsendung eines Schecks.
Künstler: KRS-ONE And The Temple of Hip-Hop | Album: Spiritual Minded | Label: | VÖ: 1. Februar 2002